10 Jahre BAGSS

Was die Graduiertenschule geleistet hat und was sie zukünftig erreichen will

Doktorandinnen und Doktoranden unterhalten sich auf dem Gang.ic
  • Campus
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  • 15.07.2021
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  • Hannah Fischer
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  • Lesedauer: 12 Minuten

Die Bamberg Graduate School of Social Sciences (BAGSS) wurde 2010 gegründet, um ein innovatives, strukturiertes und internationales Arbeits- und Bildungsumfeld für hochgradig qualifizierte Doktorandinnen und Doktoranden zu schaffen. 2020 wurde die Graduiertenschule, die ihren Fokus auf den Bamberger Sozial- und Humanwissenschaften hat, zehn Jahre alt. Im Herbst 2021 feiert sie nachträglich das Jubiläum.

„Im Jahr 2010 entstand die BAGSS aus einer breiteren Bewegung im gesamten deutschen Universitätssystem hin zu einer stärker strukturierten Doktorandinnen- und Doktorandenausbildung“, sagt Prof. Dr. Thomas Saalfeld, der im September 2020 nach zehn Jahren sein Amt als Leiter der BAGSS nieder-gelegt hat, um seine neuen Aufgaben als Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der Universität aufzunehmen. „Ziel war es, Promotionen auch außerhalb des klassischen Rahmens eines Lehrstuhls zu ermöglichen und ein innovatives sowie internationales Arbeits- und Bildungsumfeld für Promovierende zu schaffen.“ Heute ist die BAGSS eine Graduiertenschule, die mehrere Forschungsdisziplinen mit einem klaren Schwerpunkt in den empirischen Sozial- und Humanwissenschaften vereint.

BAGSS bildet künftige Expertinnen und Experten auf höchstem Niveau aus

„Die BAGSS trägt maßgeblich zur nati-onalen und internationalen Sichtbarkeit der Otto-Friedrich-Universität als Ort der Förderung exzellenter sozial- und humanwissenschaftlicher Forschung bei“, sagt Prof. Dr. Kai Fischbach, Präsident der Universität Bamberg. „Aktuelle Entwicklungen in der Bildung und auf dem Arbeitsmarkt stellen Politik und Gesellschaft vor neue Herausforderungen. Die BAGSS bildet künftige Expertinnen und Experten auf höchstem Niveau aus, die sich solchen Herausforderungen aus einer wissenschaftlichen Perspektive heraus widmen.“ Die Themen an der Graduiertenschule beleben den Bamberger Forschungsschwerpunkt Empirische Sozialforschung zu Bildung und Arbeit. Pünktlich zum Jubiläum der BAGSS übergab Thomas Saalfeld das Sprecheramt an seinen Nachfolger Dr. Ulrich Sieberer, Professor für Empirische Politikwissenschaft an der Universität. Für Sieberer steht die Graduiertenschule für hochklassige Forschung in einem internationalen Umfeld. 23 Prozent der Promovierenden kommen nicht aus Deutschland. Chen-Hao Hsu aus Taiwan ist einer von ihnen. In seiner Dissertation erforscht er die dynamische Beziehung zwischen Arbeit und Familie im individuellen Lebensverlauf. Ihm haben die vielfältigen Angebote an der BAGSS dabei geholfen, sich in die deutsche Wissenschaftslandschaft zu integrieren, so Hsu. „Durch die BAGSS können wir hochgradig qualifizierte Doktorandinnen und Doktoranden aus aller Welt für Bamberg gewinnen“, sagt Sieberer. „Auf der organisatorischen Ebene bietet sie ein Modell, wie Promotionen in einem strukturierten Programm funkti-onieren, und auch ein Laboratorium für neue Promotionsstrukturen an unserer Universität.“ Statt an einem Lehrstuhl von einer einzelnen Person werden die Doktorandinnen und Doktoranden an der BAGSS von einer Promotionskommission betreut. „Dadurch steht das Promotionsprojekt insgesamt auf einer breiteren Basis“, meint Sieberer.

Ausschreibungen von Promotionsstellen für mehr Gerechtigkeit in der Wissenschaft

Die Stipendien der BAGSS werden öffentlich und international ausgeschrieben. „Die Ausschreibung ist ein wichtiges Instrument für Gerechtigkeit in der Gewinnung wissenschaftlichen Nachwuchses“, meint Thomas Saalfeld. „Wissenschaft sollte sich bei der Auswahl des Nachwuchses nur an Exzellenz orientieren. Transparente Auswahlprozesse tragen dazu bei, dass Minderheiten und Frauen ihre Chancen wahrnehmen können.“ Die öffentliche Ausschreibung von Promotionsstellen ist demnach auch eine Gleichstellungsmaßnahme.
Die BAGSS arbeitet unter anderem mit dem Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zusammen und bietet zum Beispiel gemeinsame Kolloquien und Workshops an. Außerdem bestehen Kooperationen mit Spitzenuniversitäten im In- und Ausland. „In der Soziologie gibt es beispielsweise einen Doppel-Masterstudiengang in Sociology and Social Research mit der international höchst profilierten Universität Trento, für den sich die geförderte Promotion an der BAGSS als sinnvoller Anschluss erwiesen hat“, erklärt Saalfeld.

Inhaltlich steht die BAGSS auf vier Säulen:

  1. Bildung, Persönlichkeitsentwicklung und Lernen von der frühen Kindheit bis zum Erwachsenenalter
  2. Bildung und soziale Ungleichheit im Lebenslauf
  3. Veränderungen in Humankapital, Arbeitsmärkten und demografischen Strukturen und deren Einfluss auf soziale Ungleichheit in modernen Gesellschaften
  4. Governance, Institutionenwandel und politisches Verhalten

Exzellenzinitiative förderte die BAGSS mit mehr als acht Millionen Euro

Der Ausbau der BAGSS zu einer internationalen Graduiertenschule mit ihren vier Teilbereichen war durch die Förderung mit mehr als 8,6 Millionen Euro im Rahmen der deutschen Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen möglich, die die Universität zwischen 2012 und 2019 erhalten hat. Dadurch konnten bis heute 67 Personen in den Bereichen der Politikwissenschaft, Soziologie, Psychologie, Ökonomie, Demographie, Statistik und Bildungs-forschung ihre Qualifikationsarbeiten abschließen. 87 Personen promovieren aktuell an der Graduiertenschule. „Die Millionenförderung hat dazu geführt, dass unsere sozialwissenschaftliche Forschung international deutlich sichtbar wurde“, sagt Thomas Saalfeld. „Das spiegelt sich in der Tatsache wider, dass wir das Privileg hatten, sechs Jahre lang die Winter School in Methods and Techniques des European Consortium for Political Research (ECPR) auszurich-ten.“ Über 2500 Gäste aus aller Welt besuchten die Winter Schools. „Noch heute profitiere ich von den zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten der BAGSS im Bereich der Methoden oder der Hochschuldidaktik“, meint Alumna Dr. Gundula Zoch, die jetzt als wissen-schaftliche Mitarbeiterin am LIfBi beschäftigt ist.

Das Jubiläum wird nachträglich im Herbst 2021 gefeiert

Das Ende der Förderung im Rahmen der Exzellenzinitiative stellt die BAGSS vor einige Herausforderungen, die Ulrich Sieberer nun angehen möchte: „Wichtig ist mir, das Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der BAGSS aufrecht zu erhalten, was gerade während der Corona-Pandemie zusätzlich schwierig ist.“ Das Lehrprogramm habe man mit Kolloquien und Methodenkursen gut aufrechterhalten können, die Veranstaltung zum zehnjährigen Jubiläum musste im vergangenen Jahr hingegen ausfallen. „Das holen wir im Herbst mit einer digitalen Konferenz nach“, sagt Sieberer. Neben einer Festveranstaltung wird es am Donnerstag, 16. und Freitag, 17. September 2021 verschiedene wissenschaftliche Panels zu den inhaltlichen Säulen der BAGSS und aktueller Bamberger Forschung zu den Folgen der Corona-Pandemie sowie virtuelle Posterpräsentationen geben, bei denen Promovierende ihre eigene Arbeit vorstellen.

Mehr Postdocs sollen in Zukunft als Mitglieder gewonnen werden

In Zukunft möchte die BAGSS außerdem noch stärker zu einer Plattform werden, an die Promotionskollegs und andere Drittmittelprojekte der Sozial- und Humanwissenschaften andocken können. Darüber hinaus sollen verstärkt Postdocs als Mitglieder gewonnen werden, die an der BAGSS ihre Karriere vorantreiben können. „Die Postdocs sind dabei einerseits Mentees, die von Professorinnen und Professoren begleitet werden. Zugleich nehmen sie aber auch die Rolle der Mentorin oder des Mentors für die Promovierenden ein. So können sie in beide Richtungen profitieren“, meint Sieberer. Auch die Beziehungen zu anderen Forschungseinrichtungen möchte er weiter intensivieren. „Ich würde mir wünschen, dass wir in zehn Jahren noch immer dieses lebhafte, internationale Promotionsprogramm an der Universität Bamberg haben und unsere Sichtbarkeit in der Forschung weltweit weiter ansteigt“, sagt Sieberer. Das sei unter anderem durch die Folgeförderung bis 2026 durch den Freistaat Bayern möglich. Sie schließt mit 25 Prozent des Fördervolumens zeitlich an die Exzellenzinitiative an.

Zahlen und Fakten aus 10 Jahren BAGSS:

  • Oktober 2010: Gründung der BAGSS
  • Januar 2012: Förderbeginn aus der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder
  • Juli 2013: Einweihung des neuen Gebäudetrakts für die BAGSS an der Feldkirchenstraße 21
  • Februar 2015: Erste ECPR Winter School an der Universität Bamberg
  • September 2020: Zehn Jahre BAGSS; Ulrich Sieberer wird neuer Leiter
  • September 2021: Feierlichkeiten zu zehn Jahren BAGSS
  • 62% der Promovierenden sind Frauen
  • 154 Alumni und Promovierende zählt die BAGSS insgesamt
  • Promovierende und Alumni stammen aus 36 verschiedenen Länder
  • rund 8,6 € Mio Förderung erhielt die BAGSS insgesamt aus der Exzellenzinitiative

Stimmen aus der BAGSS:

Gundula Zoch, Alumna und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi):
„Mein Promotionsprojekt konnte ich in größtmöglicher wissenschaftlicher Freiheit durchführen – ein echtes Privileg!
Noch heute profitiere ich von den zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich der Methoden oder der Hochschuldidaktik.“

Chen-Hao Hsu, Doktorand:
„In der Gemeinschaft der BAGSS habe ich viele hilfsbereite Kolleginnen und Kollegen kennengelernt.
Die vielfältigen Möglichkeiten, die das BAGSS-Programm bietet, helfen mir, mich in die deutsche Wissenschaftslandschaft zu integrieren.“

Alina Felder, Dokorandin:
„Die BAGSS bietet Strukturen, die gemeinsame Vorhaben mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Qualifizierungsphase ermöglichen.
Ein Beispiel dafür ist die Doktorandinnen- und Doktorandenkonferenz, die ich vergangenes Jahr mit einer Kollegin organisiert habe.“

Ai Miyamoto, Alumna und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Freiburg:
„Die BAGSS hat mir geholfen, internationale und interdisziplinäre Perspektiven in meiner Forschung zu gewinnen.
Ich schreibe jetzt zum Beispiel Paper mit Soziologinnen und Soziologen sowie Ökonominnen und Ökonomen aus Großbritannien und Japan.“

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Seite 147786, aktualisiert 26.10.2021