„Es reicht nicht, Vielfalt zu feiern“

Erstmals beteiligte sich die Universität Bamberg am bundesweiten Diversity-Tag

Frauen sitzen auf dem Boden auf dem Uni-Erba-Gelände und zeigen das auf Schildern notierte Statement: "Vielfalt ist nicht alles. Sie macht aber den Unterschied."
  • Campus
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  • 22.07.2021
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  • Hannah Fischer
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  • Lesedauer: 5 Minuten

Die Diversitätsmaßnahmen haben im Sommersemester 2021 Fahrt aufgenommen. Unter dem Motto Vielfalt verbindet beteiligte sich die Universität unter anderem am bundesweiten Diversity-Tag. Auf dem Programm standen Vorträge, Diskussionen, eine Social-Media-Kampagne und eine Fortbildung.

Seit Einrichtung des neuen Vizepräsidentschaftsbereichs Diversität und Internationales im Oktober 2020 ist das Thema Diversität auf höchster Leitungsebene der Universität verankert und die Stärkung dieses Bereichs als ein zentrales, langfristiges Ziel der Universität unterstrichen. Seitdem ist einiges in Forschung, Lehre, auf gesamtuniversitärer Ebene und darüber hinaus passiert: Im April 2021 besuchte die erste internationale Gastprofessorin mit Schwerpunkt Diversität die Universität. Sechs solcher Gastprofessuren, die diversitätsbezogene Forschungs- und Lehraufenthalte vorsehen, verteilen sich 2021 auf alle Fakultäten. Ihre Lehrveranstaltungen sowie viele weitere Vorträge, Ringvorlesungen und Workshops fließen ins Vorlesungsverzeichnis Gender & Diversityein, das ebenfalls in diesem Sommersemester erstmalig erschienen ist. Darüber hinaus ist die Universität seit April 2021 Partnerorganisation der Initiative Klischeefrei, die sich für eine geschlechtergerechte Berufs- und Studienwahl einsetzt. Die Universität lobt 2021 auch erstmals den Diversity-Preis aus. Beim Dies academicus, der Gründungsfeier der Otto-Friedrich-Universität, wird er verliehen. Gestiftet wird der Preis vom Unternehmen Ofa Bamberg. Hier sind neben Forschung und Lehre auch Bewerbungen aus allen weiteren Tätig-keitsfeldern der Universität möglich. Höhepunkt der Diversitätsmaßnahmen im Sommersemester 2021 stellte am 18. Mai der Diversity-Tag dar, zu dem auch alle interessierten Personen außerhalb der Universität eingeladen waren.

Universität zeigt sich solidarisch mit Netzwerken, die sich für eine vorurteilsfreie Welt einsetzen

Vielfalt verbindet – unter diesem Motto stand der bundesweite Diversity-Tag 2021, der auf Initiative der Charta der Vielfalt jährlich stattfindet. Die Otto-Friedrich-Universität beteiligte sich erstmals mit Vorträgen, Diskussionen, einer Social-Media-Kampagne und einer Fortbildung. Außerdem unterzeichnete Universitätspräsident Prof. Dr. Kai Fischbach die Charta. „Wir beteiligen uns am Diversity-Tag, um uns mit Netzwerken solidarisch zu zeigen, die sich für eine vorurteilsfreie Welt einsetzen“, sagt Vizepräsidentin für Diversität und Internationales Prof. Dr. Christine Gerhardt bei der Begrüßung. „Es reicht nicht, Vielfalt zu feiern. Gerade an einer Universität geht es darum, sich wissenschaftlich mit Fakten auseinanderzusetzen und Ideen in neue und gerechtere Strukturen umzusetzen. Schließlich ist es ein Grundgedanke von Forschung und Lehre, gängige Denkmuster zu hinterfragen.“ Neue und gerechtere Strukturen – dafür möchte sich die Universität Bamberg durch themenbezogene Forschungsprojekte und Lehrveranstaltungen sowie bei der Gestaltung des universitären Lebens einsetzen. Ihr Selbstverständnis beinhaltet ein eindeutiges Bekenntnis zu Diversität. „Gleichzeitig ist noch viel zu tun“, sagt ChristineGerhardt. Beim Hauptvortrag des Diversity-Tages am 18. Mai referierte Nathalie Schlenzka von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes über Bausteine für Antidiskriminierungsarbeit an Hochschulen. Zwar gibt es ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, dieses Bundesgesetz schützt aber Studierende nicht vor Diskriminierung, da Bildung Angelegenheit der Länder ist. „Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015 gaben 24 Prozent der befragten Personen an, dass sie in den letzten zwei Jahren Diskriminie-rung im Bildungsbereich erfahren haben,“ sagt Schlenzka. Dabei handle es sich vor allem um ältere Schülerinnen und Schüler sowie Menschen aus dem Hochschulkontext, die Diskriminierung zum Beispiel in Lehrveranstaltungen oder bei der Leistungsbewertung erfahren. Positiv sei, dass sich betroffene Personen und Gruppen inzwischen stärker äußerten. „Das führt natürlich erst einmal zu Spannungen. Aber Hochschulen haben sich wirklich auf den Weg gemacht und gehen die Themen Diversität und Diskriminierung an“, sagt Nathalie Schlenzka. Das sei für alle von Vorteil, denn bei Diversität gehe es um „Schaffung von Normalität, um Teilhabe, und, ganz wichtig: um Exzellenz“.

Antidiskriminierung war zentrales Thema bei der Podiumsdiskussion

In der anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich Personen aus unterschiedlichen Bereichen der Universität über den Zusammenhang von Antidiskriminierung und Diversität aus. Auf dem virtuellen Podium saßen Vizepräsidentin Christine Gerhardt, Referentin Nathalie Schlenzka, Prof. Dr. Jörg Wolstein, Behindertenbeauftragter und Professor für Pathopsychologie, Dr. Janina Dillig von der Kontaktstelle Studium mit Behinderung, Prof. Dr. Christian R. Proaño, Inhaber der Professur für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Angewandte Wirtschaftsforschung, sowie Marie Müller als Vertretung der Studierendenschaft. Sie gingen auf Aspekte wie etwa Barrierefreiheit, Familienfreundlichkeit und Internationalität ein. Zentrales Thema war die Antidiskriminierungsstelle, die in Kürze an der Universität eingerichtet wird. Hier sollen Beratungs- und Unterstützungsangebote für alle Universitätsangehörigen koordiniert und weiterentwickelt werden. Jörg Wolstein bietet schon seit einigen Jahren Fortbildungen dazu an, wie Mitarbeitende der Universität mit Studierenden umgehen können, die psychische Krankheiten haben. Bei der Diskussion sagt er: „Generell sind die Universitätsangehörigen beim Thema Antidiskriminierung sehr aufgeschlossen.“ Er habe nur sehr selten Situationen erlebt, in denen ganz bewusst Möglichkeiten zur Teilhabe ausgeschlossen worden seien. Besonders Präventionsmaßnahmen sind laut Jörg Wolstein wichtig. „Das bedeutet, dass man dort aktiv wird, wo Diskriminierung noch gar nicht geschehen ist.“ So bot die Fortbildung unter dem Titel Ich seh divers, was du nicht siehst, die im Rahmen des Diversity-Tags stattfand, allen Universitätsangehörigen die Möglichkeit, sich über Auswirkungen unbewusster Vorurteile und geschlechtlicher Stereotype auf unsere Wahrnehmung zu informieren. Der Referent Muriel Aichberger, Sozial-, Kunst- und Medienwissenschaftler, sprach darüber, was eigentlich „normal“ ist, wie Ab- und Ausgrenzung entsteht und wie groß die Geschlechtervielfalt in unserer Gesellschaft ist.

Geschlechtergerechte Sprache trägt zu Anti-Diskriminierung bei

Nicht zuletzt spielt die Sprache beim Thema Diversität eine wichtige Rolle. Das zeigte der Vortrag von Prof. Dr. Sabine Sczesny von der Universität Bern im Rahmen der Ringvorlesung der Frauenbeauftragten. In ihrem Vortrag, an dem rund 270 Personen teilnahmen, stellte sie fest, dass Sprache einen Anteil an der Konstruktion und Verbreitung von Geschlechterstereotypen hat. Andererseits könne geschlechtergerechte Sprache aber auch zur Anti-Diskriminierung beitragen. Im Moment werden die Empfehlungen der Universität Bamberg zum geschlechtergerechten Formulieren in einer Arbeitsgruppe überarbeitet. Ziel ist eine möglichst deutliche und eindeutige Sprache in allen Bereichen der Universität. „Der Diversity-Tag bietet die Gelegenheit, bestehende Projekte noch sichtbarer zu machen und darüber in Austausch zu treten, in welche Richtung wir uns als Universität bewegen wollen“, sagt Christine Gerhardt. „Ich hoffe, dass wir den nächsten Diversity-Tag gemeinsam vor Ort feiern können. Denn gesellschaftliche Vielfalt lebt von Begegnung.“

Mehr zum Thema:

Was sich in Sachen Diversität in den Bereichen Forschung, Lehre und Studium sowie universitätsübergreifend tut, ist auf den neuen Diversity-Seiten zu finden: www.uni-bamberg.de/diversity

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Seite 147787, aktualisiert 16.03.2022