Den Grundstein für die heutige Otto-Friedrich-Universität legte der Bamberger Fürstbischof Melchior Otto Voit von Salzburg am 14. November 1647, indem er das damalige Jesuitenkolleg um die beiden Fakultäten Philosophie und Theologie zur Academia Bambergensis erweiterte. Am Montag, 6. November, richtete die Universität Bamberg im Gedenken daran den Dies academicus aus und feierte ihren 376. Geburtstag.
Gemeinsame Vision für die Universität
Wenn die Universität Bamberg zum Dies academicus lädt, ist es traditionell Zeit für einen Rückblick auf das vergangene Jahr. Für die Universität stand dieses unter dem Zeichen des Wandels und der Herausforderungen, wie Präsident Prof. Dr. Kai Fischbach in seiner Begrüßung schilderte. Die Universität musste reagieren auf Veränderungen der gesellschaftlichen, politischen, technologischen, wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen. Dazu zählt etwa der anspruchsvolle Transformationsprozess der Hochschullandschaft insgesamt, aber auch gestiegene Energie- und Bauunterhaltskosten, geplante Klimacamps auf dem Universitätsgelände und der Einfluss von ChatGPT auf die Lehre. In einem konstruktiven Prozess unter Einbeziehung zahlreicher Universitätsangehöriger konnten zudem zwei Leitbilder für die Bereiche Nachhaltigkeit und Lehre sowie fünf Strategien für die Bereiche Forschung, Diversity, Internationalisierung, Transfer und Weiterbildung erarbeitet werden. „Damit haben wir eine gemeinsame Vision unserer Universität entworfen“, sagte Fischbach.
48 Neuberufungen als historische Chance zur Profilschärfung
Zudem wuchs die Universität weiter: Seit dem Amtsantritt Kai Fischbachs vor drei Jahren konnten infolge von Ruhestandseintritten und dank der Hightech Agenda Bayern 48 Professuren und Lehrstühle neu besetzt werden. Das bedeutet einen Zuwachs von rund 20 Prozent im Bereich der Professor*innen. „Wir haben diese historische Chance genutzt, um uns zukunftssicher aufzustellen. Wir haben in gesellschaftlich relevante und strategisch wichtige Forschungsfelder investiert und unser Profil gezielt geschärft“, erläuterte Fischbach. Schon heute mache sich die enorme thematische Bereicherung bemerkbar: So entstünden etwa im Bereich der Informatik und Künstlichen Intelligenz neue Studiengänge und Lehrformate. „Wir sind durch unsere jüngsten Berufungen noch internationaler geworden und konnten durch eine Leuchtturmberufung das für uns besonders bedeutsame Profilfeld Gesundheitsforschung und Digitalisierung entscheidend stärken“, sagte Fischbach.
Heimat und Hightech in Balance
Auf die Neuberufungen, insbesondere im Rahmen der Hightech Agenda Bayern, und die damit verbundene interdisziplinäre Vernetzung ging auch Wissenschaftsminister Markus Blume in seinem virtuellen Grußwort ein: „Bamberg ist besonders: Eine unserer traditionellen Universitäten in Bayern, die richtungsweisend mit der Zeit geht – Heimat und Hightech finden hier genau die richtige Balance. Bereits 70 Prozent der neuen Professuren aus unser Hightech Agenda sind hier besetzt, es lehren und forschen überdurchschnittlich viele Frauen und die Universität setzt voll auf interdisziplinäre Konzepte – immer in Reflexion mit den hier besonders starken Geistes- und Kulturwissenschaften. Hinzu kommen herausragende Studienbedingungen mitten im Weltkulturerbe, eine engagierte Uni-Leitung und ein wichtiges Ziel: Bis 2030 will die Universität klimaneutral sein. Ich bin sicher, die Otto-Friedrich-Universität hat genau den richtigen Weg für die Zukunft eingeschlagen. In diesem Sinne: Ad multos Annos!“
Zukunftssicher aufgestellt ist die Universität Bamberg auch im Bereich der Lehrkräftebildung, wie der Universitätspräsident in seiner Rede schilderte: „Wir haben erst vor zwei Wochen gemeinsam mit den Kolleg*innen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg den Auftakt des Forschungsverbunds ‚Digitale Souveränität als Ziel wegweisender Lehrkräftebildung für Sprachen, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften in der digitalen Welt’ begangen, der vom BMBF mit rund 6,3 Millionen Euro gefördert wird. Das Projekt knüpft an den außerordentlichen Erfolg des für uns sehr bedeutsamen WegE-Projekts an und wird dazu beitragen, die Bedeutung und Leistungsfähigkeit der Lehrkräftebildung in Nordbayern noch besser sichtbar zu machen.“ Das Projekt sei nur ein Beispiel für die überaus erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln, die in den kommenden Jahren noch weiter ausgebaut werden soll, wie es auch Ziel der ambitionierten Forschungsstrategie sei.
Fruchtbare Kooperationen in der Region
Kooperationen, wie etwa jene mit der FAU im Rahmen des Forschungsverbundes, unterhält die Universität Bamberg zahlreich. „Kooperation steht bei uns vor Konkurrenz“, bekräftigte auch der Präsident in seiner Rede. Auf diese fruchtbaren Kooperationen ging insbesondere Prof. Dr. Stefan Leible, Vorsitzender des Universität Bayern e.V., in seinem Grußwort ein. Denn Kooperation ist neben Wissenstransfer und Diskurs einer der Eckpfeiler, für die Universität Bayern e.V. steht. Leible erläuterte: „Die bayerischen Universitäten kooperieren eng in vielfältiger Weise miteinander. Gerade die fränkischen Universitäten sind im Kooperieren wahrscheinlich bayerischer Meister.“ Ein prägnantes Beispiel für diese Kooperation sei die Technologieallianz Oberfranken (TAO). „Durch sie bündeln die oberfränkischen Hochschulen ihre Kräfte und bringen den technologischen Fortschritt in die Region“, sagte Leible.
Zusammenhalt in der Gesellschaft
Gerade in Zeiten des demografischen Wandels sind Kooperationen und damit einhergehend das Zusammentreffen ganz unterschiedlicher Personen in vielerlei Hinsicht wichtig, wie aus dem Festvortrag hervorging, den in diesem Jahr Prof. h.c. Dr. Jutta Allmendinger hielt. Sie ist Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professorin für Bildungssoziologie und Arbeitsmarktforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Festrede stand unter dem Titel „Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft in Zeiten des demografischen Wandels“. Zusammenhalt hat für Allmendinger neben Vertrauen in andere Menschen sowie gesellschaftliche Institutionen und Normen vor allem etwas zu tun mit dem Abbau von Stereotypisierungen und Vorbehalten. Dazu bedürfe es sozialer Interaktion, durch die man andere Menschen kennenlernt und sieht, wie sie wirklich sind. In den vergangenen Jahren schrumpften jedoch die dafür nötigen Begegnungsräume: So nahmen etwa Mitgliedschaften in den großen Volksparteien, in den Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften ab, Wehr- und Zivildienst wurden abgeschafft. Auch in Partnerschaften geselle sich zunehmend Gleich zu Gleich. Dadurch gebe es weniger Überschneidung sozialer Kreise ab, die Segregation der Gesellschaft nehme zu und Stereotype blieben bestehen.
Handlungsimperative, die wir anpacken können
Doch was haben Vertrauen und Zusammenhalt mit Demografie zu tun? Wir leben in einer immer älter werdenden Gesellschaft. Und klar gebe es Unterschiede in den Einstellungen jüngerer und älterer Personen in der deutschen Gesellschaft, erläuterte Allmendinger. „Das große, auch medial gepushte Thema eines Generationenkonflikts sehen wir in den statistischen Datensätzen nicht. Und das ist meiner Meinung nach ein ausgesprochen gutes Zeichen: Die normativen Achsen der deutschen Gesellschaft sind immer noch generationenübergreifend vorhanden.“
Ganz anders müsse man das Thema anfassen, wenn es um die Herausforderungen der demografischen Entwicklungen für bestimmte institutionelle Regelungen gehe. „Da sehe ich in der Tat einen enormen Umbaubedarf“, so Allmendinger. Sozialpolitisch-institutionell müssten wir weg vom Umlagesystem in der Rentenversicherung und uns auf mehr Säulen stützen. Es bedürfe zudem neuer Pflegemodelle, die etwa auch Künstliche Intelligenz nutzen könnten. Außerdem verdiene Pflegearbeit dringend mehr Anerkennung. „Wir brauchen ein Bildungssystem, das sich nicht damit zufriedengibt, dass zwölf Prozent der Bevölkerung bildungsarm sind, das Migrant*innen besser und schneller schult, das die Weiterbildung vorantreibt und die Frühverrentung reduziert“, appelliert die Soziologin. Sie fordert zudem eine Wahlrechtsreform, durch die die Interessen junger und alter Menschen gleichermaßen Berücksichtigung fänden. Und letztendlich müsste die die lokale Ebene, also ganz konkret Nachbarschaften vor Ort, in ihrem Miteinander gestärkt werden. „All diese Handlungsimperative können wir anpacken“, sagte Allmendinger. „Ich möchte uns alle ermutigen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern die Ärmel hochzukrempeln.“
OttoCare!-Preis erstmals verliehen
Traditionell werden im Rahmen des Dies academicus zahlreiche Preise verliehen für besonderes Engagement in Sachen Nachhaltigkeit und Diversity sowie für herausragende Leistungen von Studierenden und Nachwuchswissenschaftler*innen. In diesem Jahr konnten zudem gleich vier Ehrenpreise vergeben werden. Erstmals wurde beim Dies academicus 2023 der OttoCare!-Preis vergeben. Die Universität honoriert damit Studierende mit zu pflegenden Angehörigen und guten Studien- und Prüfungsleistungen. Für den OttoCare!-Preis konnte die Koinor Horst Müller Stiftung als Stifterin gewonnen werden.
Preisträgerinnen und Preisträger:
Prof. Dr. Stephan Albrecht, Inhaber des Lehrstuhls für Kunstgeschichte, insbesondere für Mittelalterliche Kunstgeschichte, erhielt den Ordre ministériel des Arts et des Lettres (deutsch: Ministerialorden der Künste und der Literatur). Stephan Albrecht forscht seit über 20 Jahren zu mittelalterlichen Kathedralen und Kirchenportalen in Frankreich, Deutschland und England. Dabei hat er sich intensiv mit Geschichte, (Bau-)Technik, Material und Farbigkeit der Kathedrale Notre-Dame de Paris beschäftigt, die 2019 einem verheerenden Brand zum Opfer fiel. Als Mitglied der Initiative Chantier Notre-Dame stellte Albrecht seine Forschungsdaten für den Wiederaufbau zur Verfügung.
Prof. Dr. Dieter Timmermann erhielt die Ehrenmedaille „bene merenti“ in Silber. Dieter Timmermann hat jahrzehntelang aktiv Anteil genommen an der Entwicklung der Otto-Friedrich-Universität. Ganz besonders war er befasst mit der Entwicklung der Sozialwissenschaften, die gekennzeichnet ist durch Meilensteine wie die Gründung des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung oder den Erfolg der Graduiertenschule BAGSS in der Exzellenzinitiative. Von 2015 bis 2023 war Timmermann zwei Amtszeiten lang externes Mitglied und Vorsitzender des Universitätsrates.
Dr. Hartwig Frinke wurde im Rahmen des Dies academicus zum Ehrensenator ernannt. In seiner Funktion als Geschäftsführer des Unternehmens Ofa Bamberg hat er in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Kooperationsprojekte mit der Universität initiiert sowie mit verschiedenen universitären Einrichtungen intensiv zusammengearbeitet. Zudem engagierte er sich bei der Tandem Reihe „Wissenschaft & Praxis“ und als Gastgeber für Deutschlandstipendiat*innen. Ihm ist es maßgeblich zu verdanken, dass die Ofa Bamberg bis heute über die Stiftung eines Deutschlandstipendiums und des Diversity-Preises mit der Universität verbunden ist. Von 2015 bis 2023 war Hartwig Frinke zudem externes Mitglied im Universitätsrat.
Seit 37 Jahren ist Harald Dörr mit der Universität verbunden. 1986 hat er seinen Dienst in der Haushaltsabteilung der Universität Bamberg angetreten, war viele Jahre in der Beschaffung und Bestandsverwaltung tätig und leitete zuletzt das Referat I/3 Medientechnik bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Oktober 2023. Für sein Engagement in all dieser Zeit erhielt Dörr die Benedikt Kraft-Medaille. Die Verdienste von Harald Dörr an der und für die Universität sind vielseitig. Besonders hervorzuheben sind seine wichtigen Impulse in der Prozessverbesserung und Digitalisierung. Er brillierte nicht nur durch sein Fachwissen, sondern auch durch sein dienstliches und soziales Engagement. Er leistete stets referats- und abteilungsübergreifend kollegiale Unterstützung und engagierte sich beispielsweise auch über viele Jahre im Personalrat.
Nachhaltigkeitspreise gestiftet von der Lyzeumstiftung Bamberg:
Dr. Blerita Korca, Kategorie Forschung
Dr. Dorothea Taube und Dr. Jana Costa, Kategorie Studium und Lehre
Referat für Ökologie der Studierendenvertretung, Kategorie Studium und Lehre
Team Universitätsbibliothek, Kategorie Campusmanagement
Diversity-Preise gestiftet von der Ofa Bamberg GmbH:
Alisha Bleicher, Kategorie Forschung
Jana Hock, Kategorie Lehre
Preise für Studierende:
Iris Zinkand, Fritzi!-Preis für gute Abschlussarbeiten studierender Eltern, gestiftet von der der HABA-Firmenfamilie
Mariia Robak, DAAD-Preis für hervorragende Leistungen internationaler Studierender
Niklas Dörner, Preis für studentisches Engagement des Universitätsbundes Bamberg e.V.
Jean Müller, Preis für studentisches Engagement des Universitätsbundes Bamberg e.V.
Stefanie Badmann, OttoCare!-Preis für Studierende mit zu pflegenden Angehörigen, gestiftet von der Koinor Horst Müller Stiftung
Florina Watermann, OttoCare!-Preis für Studierende mit zu pflegenden Angehörigen, gestiftet von der Koinor Horst Müller Stiftung
Forschungspreise:
PD Dr. Matthias Borgstede, Habilitationspreis
Dr. Sophia Maria Fauser, Promotionspreis
Maximilian Hetzelein, Promotionspreis
Florian Benedikt Zwießler Promotionspreis
Joscha Eirich, Promotionspreis des Universitätsbund Bamberg e.V.
Dr. Julia Ingold, Promotionspreis des Soroptimist International Club Bamberg Kunigunde
Dr. Patrick Reitinger, Otto-Meyer-Elisabeth-Roth-Promotionspreis
Weitere Informationen zu allen Preisträger*innen sind zu finden unter: https://www.uni-bamberg.de/events/da/2023/