Wie positionieren sich Landwirt*innen angesichts der starken Kritik an der Intensivtierhaltung?

Intensivtierhaltung
  • Forschung
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  • 28.11.2022
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  • Barbara Wittmann
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  • Lesedauer: 2 Minuten

Zwar wird öffentlich viel über Intensivtierhaltung, selten aber mit Intensivtierhalter*innen gesprochen, obgleich sie eine der wichtigsten Akteursgruppen für die Transformation hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft bilden. Durch meine Befragungen auf bayerischen Geflügel- und Schweinehaltungsbetrieben ziehen sich vor allem drei Themen wie ein roter Faden: eine resignative Haltung gegenüber Verbraucher*innen, die von der Produktion entfremdet sind; Misstrauen gegenüber kritischen journalistischen Berichterstattungen; und das Empfinden, eine gesellschaftliche Randgruppe zu sein. Im Vordergrund steht die Angst der Befragten, im Zuge des anhaltenden Höfesterbens zur Betriebsaufgabe gezwungen zu werden. Die Aussagen bilden daher Anpassungen an Wachstumsdruck, selbstausbeuterisches Arbeitspensum und eine starke Verinnerlichung von Leistungsdenken ab. Dazu kommen aus Konkurrenzverhältnissen und angespannten Pachtmarkt-Situationen resultierende Vereinzelung, Entsolidarisierungsprozesse und psychische Negativfolgen. Meine Interviewpartner*innen räumen der Politik nur wenig bis kein Potenzial zur Lösung ihrer Probleme ein – zu stark sind aus ihrer Sicht Einschränkungen durch internationale Handelsbeziehungen, erschwerte einheitliche Regelungen durch die EU und die Macht der großen Player auf dem Lebensmittelmarkt.

Zudem entsteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen den strenger werdenden tierschutzrechtlichen Vorgaben und deren Umsetzung in der Praxis. Ganz offen thematisierten die Landwirt*innen teils selbst das Scheitern von Kontrollmechanismen, die in erster Linie der Etablierung bürokratischer Strukturen dienen und anstelle von Tierwohl-Verbesserungen vor allem höhere Papierberge erzeugen. Wo eine Stellschraube im durchgetakteten, aufeinander abgestimmten System Intensivtierhaltung verändert wird, entstehen an anderer Stelle neue Probleme. Das Dilemma der Landwirt*innen besteht vor allem darin, dass die kulturellen Entwicklungen, die ihren moralischen Anerkennungsverlust bedingen, nämlich ein generell zunehmendes gesellschaftliches Hinterfragen von Wachstumsdruck und Produktivitätssteigerung, auf fehlende langfristig-politische Konzepte treffen.

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Seite 155237, aktualisiert 29.11.2022