Der wertvolle Flügelaltar des 16. Jahrhunderts im Bamberger Dom wird derzeit wissenschaftlichen Untersuchungen unterzogen. Die Geschichte des Altars und die Frage nach seinem ursprünglichen Aufbau und der Farbfassung fasziniert die Forschenden, sowohl im Bereich Restaurierung als auch Kunstgeschichte. In Kooperation mit dem Referat Restaurierung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) in München, der Universität Bamberg und der Hauptabteilung Kunst und Kultur des Erzbistums Bamberg soll der durch Pestizide belastete und mehrfach umgestaltete Altar nach neuesten Erkenntnissen und Methoden wissenschaftlich bearbeitet werden.
Für das Nürnberger Karmelitenkloster geschaffen, durch die Reformation nach Bamberg verbracht, von der Oberen Pfarre dann über ein Tauschgeschäft 1936 in den Dom versetzt, ist der durch vergangene Behandlungen und Restaurierung veränderte Altar heute an der Westwand des südlichen Querhauses des Doms zu sehen. Einige Fragmente aus dem Gesprenge und der Predella befinden sich wiederum im Diözesanmuseum Bamberg. Seit vielen Jahrzehnten ist der Altar Gegenstand der kunsttechnologischen Forschung. Immer wieder wurde diskutiert und untersucht, wie die Oberfläche des seit knapp 100 Jahren dunkelbraun lasierten Retabels ursprünglich gestaltet war.
Das BLfD möchte nun zusammen mit dem Erzbistum Bamberg, der Professur für Forensische Restaurierungswissenschaft organischer Polymere sowie dem Lehrstuhl Kunstgeschichte der Universität Bamberg den Faden wiederaufnehmen und mit modernen Untersuchungsmethoden der ursprünglichen Gestaltung auf die Spur kommen. Dazu haben die Restauratorinnen und Restauratoren des BLfD den Altar mit Stereomikroskop und UV-Licht untersucht. Da der Altar in den 1930er Jahren bei einer Restaurierung mit Holzschutzmitteln getränkt wurde, müssen die Arbeiten unter erschwerten Bedingungen in Schutzanzügen durchgeführt werden. Die winzigen Materialproben, die bei diesen Arbeiten genommen wurden, werden zurzeit im BLfD zusammen mit dem Zentrallabor untersucht. Unter anderem soll geklärt werden, welche Pigmente verwendet wurden, wie der ursprüngliche Überzug aussah und wo die höchste Konzentration des Holzschutzmittels vorliegt. Bei einer weiteren Untersuchungskampagne zusammen mit der Professur für Forensische Restaurierungswissenschaft organischer Polymere sollen mit zerstörungsfreien Methoden weitere Analysen vorgenommen werden und auch die Bereiche untersucht werden, in denen keine Materialproben entnommen werden konnten. Hierzu ist an der Professur eine Masterarbeit vergeben.
„Für uns ist ein großes Geschenk, dass wir mit den hoch spezialisierten BLfD-Wissenschaftlerinnen zusammenarbeiten können. Durch die Kooperation mit Professorin Marianne Tauber von der Universität Bamberg profitieren wir von der einzigartigen Nischenexpertise der Forensischen Restaurierungswissenschaft, die modernste Technologien für die zerstörungsarme chemische Analyse zur Verfügung hat“, berichtet Birgit Kastner, die als Hauptabteilungsleiterin Kunst und Kultur des Erzbistums Bamberg das Projekt initiiert hat. Die Erforschung und Bewahrung des kulturellen Erbes sei traditionell und insbesondere in der Gegenwart eine zentrale Aufgabe der Kirche, so Kastner weiter.
Nach Beendigung der Beprobungen und Voruntersuchungen im August wird der Altar Gegenstand der kunsthistorischen Forschung sein. Am Lehrstuhl von Professor Stephan Albrecht läuft dazu eine Masterarbeit. Die gesammelten Forschungsergebnisse werden nicht nur in einer Fachtagung 2025 vorgestellt werden, sondern im nächsten Jahr in vereinfachter Form auch Gegenstand von Sonderführungen zum Altar sein.
Weiterführende Informationen www.bamberger-dom.de/kirchenraum/querschiffe/Veit-Stoss-Altar/