Mit einem Diplomstudium in Wirtschaftsinformatik fing im Wintersemester 2004/05 für Prof. Dr. Christian Maier seine akademische Laufbahn an der Universität Bamberg an. Es folgten Promotion und Habilitation – ebenfalls in Bamberg – sowie ein einsemestriger Zwischenstopp als Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Seit dem Wintersemester 2023/24 ist er zurück in Bamberg und hat den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Health and Society in the Digital Age, inne. Im Interview erzählt er, warum er zurückkam, zu welchen Themen er forscht und welche Konzepte er für die Lehre hat.
Sie sind nach einer Zwischenstation an der LMU zurück in Bamberg, lieber Herr Maier. Wie kommt´s?
Christian Maier: Vor ungefähr drei Jahren habe ich gemeinsam mit Kolleg*innen einen Artikel zu sogenannten Boomerang Employees publiziert. Das sind Mitarbeitende, die zunächst bei Unternehmen A gearbeitet haben, dann zu Unternehmen B gewechselt haben und schlussendlich wieder zu Unternehmen A zurückkehren. Damals hatte ich noch nicht im Kopf, dass dieses Verhaltensmuster irgendwann auf mich selbst zutreffen würde. Unsere wesentliche Erkenntnis aus der Forschung war, dass Arbeitnehmer*innen auch während der Tätigkeit bei Unternehmen B einen kontinuierlichen Bezug zu Unternehmen A benötigen, damit der Anreiz besteht, zurückzukehren. Und da hat Universitätspräsident Kai Fischbach in meinem Fall einen exzellenten Job gemacht, indem er durchgehend den Kontakt zu mir aufrechterhalten hat.
Sie sind der Universität Bamberg schon lange verbunden. Was hat sich aus Ihrer Sicht in den vergangenen Jahren hier getan?
Allein während meiner siebenmonatigen Tätigkeit an der LMU hat sich an der Fakultät für Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik (WIAI) enorm viel entwickelt. Besonders erfreulich sind die zahlreichen neuen herausragenden Kolleg*innen sowie der attraktive neue Standort an der Gutenbergstraße. Im Vergleich zu meiner Studienzeit sind diese Veränderungen noch bemerkenswerter. Damals waren unter der Leitung von Elmar Sinz, Otto Ferstl und Tim Weitzel lediglich drei Professuren in der Wirtschaftsinformatik (WI) besetzt. Heute, auch dank der Hightech Agenda Bayern, zählt die WI neun Professuren und auch die Fakultät wächst stetig weiter. Bamberg ist für mich auch in Hinblick auf meine Forschungsschwerpunkte ideal positioniert. Aktuell wird die Profilinitiative Gesundheit aufgebaut, und es bestehen beispielsweise schon langjährige Kontakte in die Bamberger Psychologie.
Ihre Forschung dreht sich also um Gesundheitsthemen?
Ganz allgemein beschäftige ich mich in meiner Forschung mit der Verbindung zwischen Technologie und ihren Nutzer*innen und schaue mir an, wie sich Nutzer*innen in gegebenen Kontexten verhalten. Das beinhaltet einerseits den angesprochenen Gesundheitsaspekt. Zum Beispiel untersuche ich die Ursachen und Konsequenzen von Stress bei der IT-Nutzung – nicht nur im Arbeitskontext, sondern auch im Privaten, etwa bei der Social-Media-Nutzung. In einem Forschungsprojekt haben wir gesehen, dass der sogenannte Technostress im Arbeitsumfeld ansteckend sein kann. Dieser zwischenmenschliche Aspekt ist spannend, da er darauf hindeutet, dass entgegen der üblichen Annahme nicht die IT für negative Konsequenzen verantwortlich ist. In einem weiteren Projekt konzentriere ich mich auf die Entwicklung von Strategien zur Emotionsregulation und Achtsamkeitsübungen. Ziel ist es, die mit Digitalisierungsprojekten in Unternehmen einhergehenden Herausforderungen effektiv zu bewältigen und gleichzeitig die psychische Gesundheit zu fördern.
Andererseits geht meine Forschung bis hin zu der Frage, warum Personen eine bestimmte Technologie oder einen Service überhaupt nutzen oder deren Nutzung einstellen. In einem DFG-Projekt haben wir uns beispielsweise kürzlich angeschaut, wie disruptive Events oder Schocks, die im Umfeld einer Person geschehen, Einfluss auf das Nutzungsverhalten haben. Die Literatur geht aktuell davon aus, dass Personen aufhören eine bestimmte Technologie oder einen Service zu nutzen, weil sie keine Lust mehr darauf haben oder unzufrieden damit sind. In unserer Untersuchung haben wir aber gesehen, dass Personen zum Beispiel aufhören Netflix zu nutzen, wenn sie einen neuen Job angeboten bekommen, Nachwuchs auf die Welt kommt, oder eine nahestehende Person schwer erkrankt. Es passiert also etwas, das eigentlich vollkommen losgelöst ist von der Technologie oder dem Service, aber es hat trotzdem einen unausweichlichen Effekt auf die Verhaltensweisen von Personen. An der LMU hatte ich einen Privacy-Lehrstuhl inne und habe mich dementsprechend auch damit auseinandergesetzt, wie sich Datenschutzverletzungen auf die Nutzung von Technologien auswirken. Das fließt jetzt natürlich auch in Bamberg weiter in meine Forschung und Lehre ein.
Was ist Ihnen in der Lehre wichtig?
Inhaltlich ist mir wichtig, dass die Studierenden verstehen, dass Technologie ein sehr großes Potential bietet. Das zeigt sich gerade beispielsweise an GPT und weiteren Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Trotzdem müssen wir immer die negativen Effekte solcher Technologien bedenken. Dabei muss es nicht nur um gesundheitliche Aspekte – wie in meiner Forschung – gehen. Auch der Datenschutz kann ein Problem sein. Ich will bei den Studierenden dafür ein Bewusstsein generieren, damit sie in der Lage sind, Vor- und Nachteile von Technologien abzuwägen.
Was ist Ihnen auf didaktischer Seite wichtig?
Wir haben festgestellt, dass Studierende zwar einerseits gerne die Vorlesungen und Seminare besuchen, aber andererseits auch gerne Video- und Audiomaterial zu den Kursen zeit- und ortsunabhängig nutzen. Mittelfristig ist deshalb unser Ziel, zu allen Lehrveranstaltungen, in denen es um reine Wissensvermittlung geht, zusätzlich zur Vorlesung etwa einen Podcast zur Verfügung zu stellen. Der Podcast bietet den Vorteil, dass die Studierenden ihn in ihren Alltag integrieren und ihn auch beim Sport, Autofahren oder Putzen hören können. Zudem nutzen wir verschiedene Formate, um das in Vorlesungen erlangte Wissen praktisch einzusetzen. Beispielsweise arbeiten wir mit Simulationen, in denen Studierende verschiedene Rollen in einem Digitalisierungsprojekt einnehmen. Dabei geht es nicht nur darum, die Inhalte der Vorlesung anzuwenden, sondern auch darum, Studierende etwa auf Fallbeispiele vorzubereiten, die in einem späteren Bewerbungsprozess um einen Job auf sie zukommen könnten.
Warum haben Sie sich damals für ein Studium der Wirtschaftsinformatik entschieden. Und warum würden Sie das auch anderen empfehlen?
Ich habe mich damals für das Studium entschieden, weil ich großes Interesse an BWL und Mathematik hatte. Die Chancen und der Markt sind weiterhin enorm. Betrachtet man die aktuellen großen Veränderungen, so sind diese vorwiegend technologiegetrieben. Beispiele finden sich in allen Lebensbereichen: Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen, die nahezu jede Branche revolutionieren, nachhaltige und energieeffiziente Technologien als Antwort auf den Klimawandel, Blockchain-Technologien im Lieferkettenmanagement, Telemedizin oder das E-Rezept im Gesundheitssektor. Ein Studium der Wirtschaftsinformatik bietet die ideale Vorbereitung, um in diesen zukunftsweisenden Feldern erfolgreich zu sein.
Vielen Dank für das Interview!