Universitätspräsident Kai Fischbach blickt auf die zweite Amtshälfte
Prof. Dr. Kai Fischbach hat im Oktober 2020 sein Amt als Präsident der Universität Bamberg angetreten und mehr als die Hälfte seiner insgesamt sechs Jahre dauernden Amtszeit absolviert. Im zweiten von insgesamt zwei Interviews (hier geht’s zum ersten Teil) spricht er über anstehende Aufgaben, zukünftige Herausforderungen und Themen, die für die Universität Bamberg künftig bedeutsamer werden.
Welche Errungenschaften aus den letzten drei Jahren werden die Universität dauerhaft prägen?
Langfristig in unserem Profil sichtbar wird das enorme Wachstum der Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik sein, das durch die Hightech Agenda Bayern und unseren großen Erfolg beim KI-Wettbewerb möglich wurde. Bereits jetzt werden wir international als KI-Standort wahrgenommen und mein großer Wunsch ist, dass auch unsere drei weiteren Fakultäten von dieser Entwicklung profitieren können. Deshalb haben wir bei den Berufungen darauf geachtet, Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen, die interdisziplinär arbeiten.
Interdisziplinarität ist eines unserer Profilmerkmale. Wo wird dies in Zukunft noch sichtbarer? Können Sie ein Beispiel nennen?
Hier ist sicherlich der Bereich Lehrerinnen- und Lehrerbildung beispielhaft zu nennen, in dem wir dank unseres fakultätsübergreifenden Engagements bereits in den vergangenen Jahren unter Beweis gestellt haben, wie innovativ und forschungsstark wir sind. Durch Projekte wie DiKuLe oder unsere intensive Beteiligung am neu eingerichteten Kompetenzverbund lernen:digital werden wir in diesen ausgeprägt interdisziplinären Feldern die Zukunft mit prägen, nicht nur in der Bayern, sondern in ganz Deutschland.
Mit der im Sommer 2023 unterzeichneten Rahmenvereinbarung will das Wissenschaftsministerium die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Hochschulen stärken, aber auch vergleichbarer machen. Sie bildet zugleich die Grundlage für den zwischen der Universität Bamberg und dem Ministerium abgeschlossenen Hochschulvertrag. Inwiefern werden die beiden Steuerungsinstrumente in den Universitätsalltag hineinwirken?
Sie werden sicherlich merkbare Auswirkungen haben. Denn in den jeweils dort enthaltenen zehn Handlungsfeldern, also zum Beispiel Forschung, Studium, Lehre und, Weiterbildung oder Transfer, müssen wir konkret definierte Anforderungen erfüllen. Das bindet Ressourcen und beeinflusst, welcher Themen wir uns annehmen.
Können wir auch eigene inhaltliche Schwerpunkte setzen?
Das ist möglich. Wir werden uns über den in den Handlungsfeldern definierten Mindestanforderungen hinaus insbesondere Schwerpunkten in den Bereichen Nachhaltigkeit, Gleichstellung, Digitalisierung und Zukunft der Lehre widmen.
Wie schätzen Sie die neue Rahmenvereinbarung insgesamt ein?
Differenziert. Wir haben für die kommenden Jahre einen verlässlichen finanziellen Rahmen erarbeitet. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern erhalten die bayerischen Hochschulen weiterhin ihre bisherige Grundsicherung in voller Höhe. Das ist ein erfreulicher Erfolg, ebenso wie die Verstetigung der Mittel aus der Hightech Agenda Bayern, der HTA. Beides ist essenziell, um die positiven Entwicklungsschritte, die die Hochschulen nicht zuletzt dank der HTA unternehmen konnten, weiter fortzusetzen.
Aber?
Kein Aber, sondern ein Und: Für viele neue Aufgaben wie zum Beispiel den Ausbau von weiterbildenden und weiterqualifizierenden Angeboten erhalten die bayerischen Hochschulen keine zusätzliche Finanzierung. Das bedeutet für uns alle, dass wir noch stärker priorisieren müssen.
Das klingt so, als wären Sie als Präsident nicht wirklich frei in Ihren Entscheidungen.
Das stimmt so nicht. Natürlich treffe ich meine Entscheidungen immer im Kontext der Anforderungen, die Politik und Gesellschaft an uns stellen. Dennoch bietet das Amt erfreulich viele Gestaltungsmöglichkeiten. Das liegt auch an der übersichtlichen Größe der Universität, die viel Raum bietet, sich einzubringen und an den Prozessen zu beteiligen.
Welche Herausforderungen sehen Sie für die Zukunft der Universität?
Eine der größten Herausforderungen für uns wird sein, unsere rund 50 neuen Professorinnen und Professoren zu integrieren und dauerhaft gut zu unterstützen. Denn, das darf man nicht vergessen: Die 30 neuen Professuren aus der Hightech Agenda Bayern sind weitgehend ohne Ressourcen im Bereich des wissenschaftsstützenden Personals hinzugekommen. Mit ihnen sind dementsprechend keine zusätzlichen Ressourcen für die langfristige Betreuung verbunden. Wenn wir dieses Wachstum langfristig bewältigen wollen, sind wir jetzt mehr denn je auf die Kreativität, das Engagement und die Geduld aller Universitätsangehörigen angewiesen.
Können Sie Integration genauer definieren?
Die gruppendynamischen Prozesse, die gerade stattfinden, sind anspruchsvoll: Beziehungen verändern sich, neue Rollen entstehen, das bisherige sehr gute kollegiale Miteinander wird gegebenenfalls auf die Probe gestellt. Jetzt müssen wir wachsam sein und darauf achten, dass wir gut zusammenfinden und unser gutes Miteinander bewahren. Niemand soll sich abgehängt oder übervorteilt fühlen und etwaige Mehrbelastungen müssen für alle Bereiche der Universität machbar gestaltet werden.
Was steht unmittelbar als nächstes an?
Das Wichtigste ist, dass wir fortsetzen, was wir bereits begonnen haben – nämlich die Inhalte unserer Leitbilder und Strategiepapiere konkret umzusetzen. Das wird noch einmal Kraft kosten. Zudem werden wir aufbauend auf diesen Dokumenten die Universitätsentwicklungsperspektive laufend fortschreiben, die in einem wechselseitigen Prozess parallel zu den Strategiepapieren und Leitbildern entstanden ist.
Wir hatten noch gar nicht über den Profilbildungsprozess gesprochen. Wo stehen wir gerade und wie geht es weiter?
Wir möchten die vorhandenen vier Forschungsschwerpunkte weiter stärken und in den kommenden Monaten mit den jeweiligen Fachvertreterinnen und Fachvertretern in einen konstruktiven Dialog zur Ausrichtung und Zukunft unserer Profilinitiativen treten.
Was heißt das konkret?
Wir haben in den letzten drei Jahren mit „Gesundheit“ und „geschlechtersensibler Forschung“ zwei neue Profilinitiativen hinzubekommen. Eine dritte, Mensch und Umwelt, befindet sich derzeit im Entstehungsprozess. Nun geht es darum, zu klären, unter welchen Bedingungen diese neuen Initiativen mit den bereits bestehenden ein gutes Gesamtbild ergeben. Dabei werden wir vor allem sondieren, inwieweit unsere Initiativen zukünftig in der Lage sind, national und international sichtbare Beiträge zu Forschung und Transfer zu leisten.
Das Vorhaben, national und international sichtbarer zu werden, beschränkt sich nicht nur auf die Profilinitiativen, oder?
Nein, ganz sicher nicht. Deshalb werden wir gemäß unserer Forschungsstrategie in den kommenden Jahren einen Fokus darauf legen, Verbundforschungsprojekte und Sonderforschungsbereiche einzuwerben. Damit schaffen wir die Voraussetzungen dafür, in der nächsten Exzellenzinitiative mit einem Clusterantrag erfolgreich zu sein. Das ist unser großes Ziel.
Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft der Universität Bamberg aus?
Ich wünsche mir, dass die Universität Bamberg im nächsten Jahrzehnt noch stärker und sichtbarer von den Merkmalen geprägt wird, die sie bereits heute auszeichnet: Menschlichkeit, ganzheitliches Denken und zukunftsorientiertes Handeln, Leistungsbereitschaft und Gestaltungswillen.
Vielen Dank!
Lesen Sie im ersten Teil des Interviews, welche Entwicklungen und Errungenschaften die Universität Bamberg in den letzten drei Jahren geprägt haben und welches Geheimnis hinter diesem Erfolg steckt.