Dienstagnachmittag, 17 Uhr: Während viele Schülerinnen und Schüler längst auf dem Heimweg sind, sitzt Carlos Volk (im Titelbild links) noch im Hörsaal – freiwillig. Der 17-Jährige besucht als Frühstudent die Vorlesung „Algorithmen und Datenstrukturen“ an der Universität Bamberg. Auch Henry Feuerlein (im Titelbild rechts), 18, ist regelmäßig auf dem Campus für einen Lateinkurs. Beide verbindet der Wunsch, mehr zu lernen als der reguläre Stundenplan in der Schule hergibt. Und das geht – dank des Frühstudienprogramms der Universität Bamberg.
Frühstudium – was ist das eigentlich?
„Mit dem Frühstudium bietet die Universität besonders leistungsstarken und motivierten Jugendlichen die Möglichkeit, parallel zur Schule ein Fach auf universitärem Niveau kennenzulernen – inklusive Teilnahme an Vorlesungen, Übungen und Prüfungen“, erläutert Alexander Ostermann von der Zentralen Studienberatung der Universität Bamberg, die das Frühstudium koordiniert. Im Regelfall ist dies für Schülerinnen und Schüler der 10. bis 13. Jahrgangsstufe möglich. Sie können Lehrveranstaltungen im Umfang von bis zu sechs Semesterwochenstunden belegen. In Bamberg ist das Frühstudium an allen Fakultäten in ausgewählten Veranstaltungen möglich. Frühstudierende können also wählen aus: Geistes- und Kulturwissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Humanwissenschaften sowie Wirtschaftsinformatik und Angewandter Informatik. „Ziel des Programms ist es, begabte und motivierte Schülerinnen und Schüler frühzeitig zu fördern, ihnen realistische Einblicke ins Studium zu ermöglichen und den Erwerb erster Fachkenntnisse zu unterstützen“, sagt Ostermann. Die erbrachten Leistungen können später nach dem Abitur im regulären Studium anerkannt werden. Die Teilnahme am Frühstudium ist kostenfrei, erfolgt in enger Abstimmung mit der Schule und wird individuell betreut. Eine Bewerbung ist jeweils zum Sommer- und Wintersemester möglich.

Carlos Volk: Zwischen Stundenplan und Datenstrukturen

Carlos Volk ist 17 Jahre alt, besucht die 11. Klasse des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums in Bamberg und hat ein klares Ziel vor Augen: „Ich möchte später als Softwareentwickler arbeiten.“ Schon seit drei Jahren programmiert er in seiner Freizeit – das Frühstudium im Fach Angewandte Informatik war für ihn ein logischer nächster Schritt. Im Sommersemester 2025 besucht Carlos Volk die Veranstaltung „Algorithmen und Datenstrukturen“. Auch wenn der Stundenplan mit Lehrveranstaltungen am späten Nachmittag lange Tage bedeutet, ist das Frühstudium für ihn gut mit der Schule vereinbar. Besonders schätzt er die Inhalte und die Atmosphäre: „Mir macht die Uni mehr Spaß als die Schule, weil mich die Themen interessieren und ich sie gut verstehe.“ Er sei auch von den Dozierenden und anderen Studierenden freundlich aufgenommen worden. „Herr Volk ist sehr motiviert − das hilft sehr − und nötige Vorkenntnisse hat er sich in den letzten Jahren bereits erarbeitet“, sagt Prof. Dr. Andreas Henrich, Inhaber des Lehrstuhls für Medieninformatik, der Carlos Volk betreut. „Obwohl Algorithmen und Datenstrukturen eigentlich kein Modul für Erstsemester ist, kommt Herr Volk gut zu recht.“ „Fachlich habe ich bisher viel von der theoretischen Seite der Informatik kennengelernt“, sagt Carlos Volk. Persönlich habe er jetzt einen besseren Einblick, wie der Alltag an der Universität abläuft. Für ihn steht schon jetzt fest, dass er nach dem Abitur gern in Bamberg weiterstudieren würde – nicht nur, weil er in der Nähe wohnt, sondern auch, weil er sich in der modernen Umgebung auf der ERBA-Insel, wo die Informatik-Kurse stattfinden, wohlfühlt.

Henry Feuerlein: Wenn die Freistunde zur Chance wird
Sich außerhalb der Schule mit Latein beschäftigen? Für Henry Feuerlein ist das keine Frage. Der 18-jährige Schüler der 12. Klasse am Clavius-Gymnasium in Bamberg hat sich für das Frühstudium im Fach Latinistik entschieden. Seine Deutschlehrerin hatte ihn über ein Rundschreiben auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht. Im Sommersemester 2025 besucht er die Veranstaltung „Übungen zu lateinischer Grammatik und Stilistik“. „Latein liegt mir besonders gut und macht mir Spaß“, sagt Feuerlein. „In der Schule übersetzt man nur von Latein auf Deutsch – bei der Veranstaltung an der Uni ist es genau andersherum; auch das hat mich motiviert, mal was Neues zu probieren.“ Die Kurszeiten an der Universität passen für ihn perfekt: Zwei Freistunden im Stundenplan ermöglichen ihm den Besuch der Lehrveranstaltung ohne Kollision mit dem Schulunterricht.

Doch der Unterschied zur Schule ist spürbar: „Die neuen Themen muss man sich selbst erarbeiten. Der Dozent hilft bei Fragen – aber den Großteil mache ich allein.“ „Wir arbeiten nach dem Prinzip des inverted classroom“, erläutert Dr. Johannes Zenk, der den Frühstudenten betreut und zugleich den Kurs gibt, für den sich Feuerlein eingeschrieben hat. „Die Studierenden erhalten wöchentlich ein Pensum an Grammatik, das sie teils unterstützt durch kurze Erklärvideos selbstständig durcharbeiten. Die Übersetzungen werden dann im Kurs ausführlich besprochen“, erklärt Zenk. „Herr Feuerlein hat sich wirklich gut geschlagen und brauchte sich vor den anderen Studierenden nicht verstecken.“ Henry Feuerlein schätzt nicht nur die fachliche Herausforderung, sondern auch den persönlichen Zugewinn: „Das Frühstudium hat mein Selbstbewusstsein gestärkt.“ Welches Fach er nach dem Abitur studieren will, weiß Feuerlein noch nicht. Vielleicht Lehramt. Die Universität Bamberg ist für ihn aber eine echte Option – wegen der Nähe zu seinem Wohnort und der Auswahl an Fächern, die die Universität anbietet – darunter sein Lieblingsfach Latein und Altgriechisch, das er sich gerade selbst zu Hause beibringt.
Frühstart mit Wirkung
Ob Informatik oder Latein oder auch ein ganz anderes Fach – das Frühstudium eröffnet nicht nur neue Perspektiven auf ein Studienfach, sondern stärkt auch Selbstorganisation, Eigenverantwortung und Entscheidungskompetenz. Für Carlos Volk und Henry Feuerlein ist klar: Der Schritt an die Universität war eine Bereicherung für sie – sowohl fachlich als auch persönlich.
Wer sich ebenfalls für das Frühstudium interessiert, findet alle Informationen sowie Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner auf der Website der Universität Bamberg: www.uni-bamberg.de/fruehstudium
Und Henry Feuerlein hat noch einen Tipp für alle angehenden Frühstudierenden: „Man sollte je nach Fach und Art der Lehrveranstaltung(en) genug Zeit zur Vor- und Nachbereitung beziehungsweise für das Erledigen von Hausaufgaben einplanen und die Schule natürlich nicht vernachlässigen.“