Dies academicus im Zeichen des Aufbruchs und des Dialogs

Otto-Friedrich-Universität feierte ihren 375. Geburtstag

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  • 14.11.2022
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  • Hannah Fischer
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  • Lesedauer: 7 Minuten

Vor 375 Jahren stellte der damalige Fürstbischof Melchior Otto Voit von Salzburg die Stiftungsurkunde für eine akademische Lehranstalt aus und gründete damit den ersten Vorläufer der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Die Universität blickt zurück auf eine bewegte Geschichte und hat sich in den vergangenen 375 Jahren immer wieder gewandelt und somit auf politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklungen reagiert. Auch heute befindet sich die Universität Bamberg wieder in einer anspruchsvollen Transferphase, wie der Festakt zum Gründungsjubiläum am Montag, 7. November 2022, zeigte.

So sprach Universitätspräsident Prof. Dr. Kai Fischbach in seiner Begrüßung aktuelle Herausforderungen an: Die Ausläufer der Corona-Pandemie erforderten sorgfältiges Abwägen zwischen dem Wunsch nach Normalität einerseits und der Kontaktreduktion andererseits. Aus der Hightech Agenda Bayern und dem KI-Wettbewerb sei die Universität Bamberg zwar als Gewinnerin 30 neuer Professuren hervorgegangen, von denen inzwischen rund die Hälfte besetzt ist. Es fehle allerdings an ausreichenden personellen Ressourcen im wissenschaftsstützenden Bereich und im Mittelbau. Die Energiekrise fordere die Universität ob gestiegener Kosten zum Handeln auf, obwohl sie bereits seit einigen Jahren gezielt Anstrengungen unternehme, nachhaltiger zu werden. Als erste und einzige Universität in Bayern hat sie etwa Nachhaltigkeit in ihre aktuelle Zielvereinbarung aufgenommen, wie auch Dr. Rolf-Dieter Jungk, Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, in seinem Grußwort hervorhob.

Zeitgemäßes Lernen und Lehren

Doch was macht die Universität in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und technologischer Innovationen aus? „2022 war für uns in vielerlei Hinsicht ein Jahr des Aufbruchs“, erläuterte Kai Fischbach. Erst vor Kurzem wurde das „Leitbild Lehre“ verabschiedet, mit dem die Universität ihre Vorstellungen von zeitgemäßem Lernen und Lehren definiert. Unter anderem mit dem Projekt „Digitale Kulturen in der Lehre entwickeln“ (DiKuLe), das von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre mit 3,7 Millionen Euro gefördert wird, will die Universität Bamberg neue Maßstäbe setzen. Dabei geht es insbesondere darum, wie digitale Elemente die Präsenzlehre sinnvoll ergänzen können, betonte Kai Fischbach.

Transfer – mehr als wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen

Neben Forschung und Lehre kommt dem Bereich Transfer, der sogenannten Dritten Mission der Hochschulen, aktuell und in Zukunft eine besondere Bedeutung zu. „Projekte wie das Smart City Research Lab in Kooperation mit der Stadt Bamberg, das Bamberger Living Lab Demenz oder das Engagement im Cleantech Innovation Park in Hallstadt machen deutlich, wie wir in die Stadt und Region sowie die Gesellschaft als Ganzes hineinwirken“, stellte Kai Fischbach fest. Die gerade in der Entwicklung befindliche Transferstrategie werde verdeutlichen, dass es an der Universität Bamberg um mehr als die wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen gehe: „Sie wird die Kolleg*innen, die auf vielfältige Weise in die Gesellschaft wirken, noch besser unterstützen und sie soll die Grundlage schaffen für eine noch weitreichendere Wechselseitigkeit zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Universität“, erläuterte der Universitätspräsident.

Spitzenposition in Sachen Gleichstellung

Rolf-Dieter Jungk sieht die Universität Bamberg besonders im Bereich Gleichstellung als Vorbild: In Bamberg sei in dieser Hinsicht deutlich mehr als nur das Soll erfüllt worden. In den vergangenen vier Jahren lag der Frauenanteil bei den Neuberufungen bei mehr als 45 Prozent. „Damit nehmen wir bayern- und deutschlandweit eine Spitzenposition ein“, erläuterte auch Kai Fischbach. „Ich nehme mir die Freiheit, dies als den Bamberger Weg zu bezeichnen“, ergänzte Jungk in seinem Grußwort. „Das ist mustergültig und wegweisend für die anderen bayerischen Hochschulen. Die Universität Bamberg ist eine fränkische Erfolgsgeschichte in unserer vielfältigen Hochschullandschaft.“ Ihr Erfolgsrezept sei es nicht auf der Stelle zu verharren und in Erfolgen der 375-Jährigen Vergangenheit zu schwelgen. „Nein, die Universität Bamberg beweist immer wieder Freude an Innovation und Fortschritt“, so Jungk.

Fächerübergreifend forschen und lehren in neuer Profilinitiative

20 Professuren und Lehrstühle aus allen Fakultäten engagierten sich in der neuen Profilinitiative „Gesundheit“, um gemeinsam mit lokalen Akteur*innen Forschungsaktivitäten zu bündeln und voranzutreiben, erläuterte Fischbach. Das Beispiel stehe exemplarisch einerseits für die vielfältigen Kooperationen und Projekte, mit denen die Universität einen nachhaltigen Beitrag zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen leistet. Andererseits stehe es stellvertretend für den Anspruch, fächerübergreifend auf höchstem Niveau zu forschen und zu lehren. „Nur gemeinsam können wir erfolgreich sein und Beiträge zur Lösung der großen gesellschaftlichen, technologischen, ökonomischen und auch ökologischen Herausforderungen unserer Zeit leisten“, betonte der Universitätspräsident. 

Dialog als Aufgabe

Wie wichtig der Austausch ist – nicht nur im Kontext der interdisziplinären Zusammenarbeit an der Universität – zeigte auch der Festvortrag von Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm. Er ist Landesbischof der evangelischen Kirche in Bayern, Vorsitzender des Zentralausschusses des Weltkirchenrates und Honorarprofessor an der Universität Bamberg. Unter dem Titel „Toleranz und Wahrheit. Zur öffentlichen Rolle von Religion in der pluralistischen Gesellschaft“ setzte sich Bedford-Strohm mit einer Schlüsselfrage für den interreligiösen Dialog, aber auch für die Welt insgesamt auseinander. Unzählige Kriege seien geführt worden, weil der Anspruch auf Wahrheit an die Stelle der Toleranz gesetzt worden sei – auch im Namen christlicher Konfessionen. „Ist alles gleich wahr?“, fragte Bedford-Strohm in seinem Vortrag. In Hinblick auf die unterschiedlichen Religionen sei das nicht eindeutig mit „Ja“ beantwortbar. Denn es liege auf der Hand, dass sich bestimmte Aussagen über Gott widersprächen. Es gebe also unterschiedliche Wahrheiten. Im Umgang damit sei man auf Dialog angewiesen.

Wahrheit und Toleranz sind keine Gegensätze

„Dass wir in unseren unterschiedlichen Weltdeutungen voneinander Notiz nehmen und – mehr als das – eben auch miteinander im Gespräch sind, ist entscheidend“, erläuterte Bedford-Strohm. Das gelte in einer pluralistischen Gemeinschaft auch für das Verhältnis zwischen religiösen und nicht-religiösen Weltdeutungen. Sich an Christus zu orientieren bedeute eine Haltung des Respekts und der Wertschätzung gegenüber jedem anderen Menschen einzunehmen. Gott und den Nächsten zu lieben ende nicht an den Grenzen einer bestimmten Religion. Deswegen sei es wichtig, dass der Staat die öffentliche Rolle der religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften ausdrücklich bejahe, wie das im Grundgesetz der Fall sei. Öffentlich finanzierte theologische Fakultäten und der Religionsunterricht an Schulen belebten den Diskurs über politische Fragen, die moralische Dimensionen berührten. Der Versuch, Religion aus dem öffentlichen Leben herauszuhalten, sei für einen lebendigen Pluralismus kontraproduktiv. „Die Religionen könnten deutlich machen, dass Wahrheit und Toleranz keine Gegensätze sind, sondern einander bedingen“, erklärte Bedford-Strohm.

Hans-Löwel-Preise erstmals im Rahmen des Dies academicus verliehen

Zum Abschluss des Festaktes wurden zahlreiche Preise verliehen für besonderes Engagement in Sachen Nachhaltigkeit und Diversity sowie für herausragende Leistungen von Studierenden und Nachwuchswissenschaftler*innen. Die Hans-Löwel-Preise wurden bereits zum 13. Mal vergeben, heuer erstmals im Rahmen des Dies academicus. Die Preisvergabe wird ermöglicht durch die Stiftung des 1996 verstorbenen Bamberger Kaufmanns Hans Löwel. Die Universität folgt mit den Hans-Löwel-Preisen dem Wunsch des Stifters, dass alle zwei Jahre junge Wissenschaftler*innen für besonders herausragende wissenschaftliche Qualifikationsarbeiten mit einem Preisgeld ausgezeichnet werden sollen. 2022 konnte eine Preissumme in Höhe von insgesamt 18.000 Euro ausgeschüttet werden.

Preisträgerinnen und Preisträger:

Hans-Löwel-Preise gestiftet durch die Hans-Löwel-Stiftung: 
Dr. Javier Martínez-Cantó
Michaela Pölzl
Dr. Lukas Röseler
Dr. Eleonore Schmitt

Nachhaltigkeitspreise gestiftet von der Lyzeumstiftung Bamberg: 
Franziska Pötzl, Kategorie Forschung
Prof. Dr. Björn Ivens und Prof. Dr. Frank Wimmer, Kategorie Studium und Lehre
Psychologists for Future, Kategorie Studium und Lehre
Christian Übel, Kategorie Campusmanagement

Diversity-Preise gestiftet von der Ofa Bamberg GmbH: 
Simone Ketterl
Winuss Mohtezebsade

Preise für Studierende:
Moritz Hermann, Preis für studentisches Engagement des Universitätsbundes Bamberg e.V.
Mina Mikuljanac, DAAD-Preis für hervorragende Leistungen internationaler Studierender an deutschen Hochschulen
Manuela Eckstein, Fritzi!-Preis für gute Abschlussarbeiten Studierender mit Kind der HABA-Firmenfamilie

Forschungspreise:
PD Dr. habil. Heléna Tóth, Habilitationspreis der Sparkasse Bamberg
Matthias Baumgartl, Promotionspreis der Universität Bamberg
Max Nachbauer, Promotionspreis der Universität Bamberg
Oliver Wieczorek, Promotionspreis des Universitätsbundes
Mareike Spychala, Promotionspreis des Rotary Clubs Bamberg-Schloß Geyerswörth
Sandra Wölfel, Otto-Meyer-und-Elisabeth-Roth-Promotionspreis

Ausführliche Porträts zu den einzelnen Preisträger*innen sind in der Broschüre zum Dies academicus zu finden, die unter folgendem Link zum Download bereit steht: www.uni-bamberg.de/events/da/2022

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Seite 154998, aktualisiert 14.11.2022