Diversity geht uns alle an

Zum bundesweiten Diversity-Tag 2022 war an der Universität für alle Universitätsangehörigen etwas geboten.

  • Campus
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  • 09.06.2022
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  • Hannah Fischer
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  • Lesedauer: 6 Minuten

Bereits zum zweiten Mal beteiligte sich die Otto-Friedrich-Universität Ende Mai am bundesweiten Diversity-Tag, der durch die Charta der Vielfalt initiiert wurde. Dabei bot sich für alle Universitätsangehörigen sowie weitere interessierte Personen ein breit gefächertes Programm rund um die Vielfalt in unserer Gesellschaft und an der Universität: Für Mitarbeitende aus dem wissenschaftsstützenden Bereich organisierte die Antidiskriminierungsstelle der Universität etwa eine Fortbildung „Diversity To Go“, für Wissenschaftler*innen boten die Universitätsfrauenbeauftragten gemeinsam mit dem Dezernat Forschungsförderung & Transfer (Z/FFT) einen Workshop zu „Expertise in geschlechtersensibler Forschung als Faktor der Drittmitteleinwerbung“ an, speziell für Lehramtsstudierende gab es einen Workshop zu sprachkulturellen Identitäten im Spannungsfeld nationaler Stereotype. Im Zentrum des Diversity-Tags stand am Abend die Podiumsdiskussion „Diversity in Kinderbüchern“ mit der Illustratorin Constanze von Kitzing und dem Bamberger Bildungswissenschaftler Dr. Lars Burghardt. Das vielfältige Angebot anlässlich des Diversity-Tages zeigt: Das Thema geht uns alle an.

„Der Diversity-Tag ist ein guter Anlass, um im Gespräch zu bleiben“, betont Prof. Dr. Christine Gerhardt, Vizepräsidentin für Diversität und Internationales, bei der Abendveranstaltung. „Etwa darüber, wie wir mit menschlichen Unterschieden umgehen und wie wir Ungleichbehandlung entgegenwirken – auch bei uns an der Universität.“ Die Podiumsdiskussion zu „Diversity in Kinderbüchern“ sei repräsentativ für viele Ansätze, die die Universität und ihre Angehörigen in Bezug auf Vielfalt verfolgen – „Ansätze, bei denen es um Sichtbarmachung von Vielfalt als Bereicherung geht, aber auch um das Hinterfragen dessen, was angebliches Anderssein bedeutet“, erläutert Christine Gerhardt. Bei so vielen, sich oft überlappenden Bereichen von Vielfalt – wie kulturelle Herkunft, sexuelle Identität, Alter, Religion, oder körperliche und geistige Fähigkeiten – sei es wichtig, an einem Strang zu ziehen und solidarisch zu sein, auch wenn nicht jede Veranstaltung alle Aspekte gleichermaßen anspricht.

Kinder entdecken durch Bücher die Welt und sich selbst

Die Kinderbuchautorin und Illustratorin Constanze von Kitzing und der Bamberger Bildungswissenschaftler Lars Burghardt, der in seiner Forschung unter anderem die frühkindliche Wahrnehmung von Geschlechterrollen in Bilderbüchern untersucht, beleuchteten das Thema aus praktischer und theoretischer Perspektive. Kinder entdecken durch Bücher die Welt und sich selbst. Gerade Bilderbücher leisten einen Beitrag zur Identitätsbildung. Umso wichtiger ist es, dass Vielfalt dort repräsentiert ist. Zentrale und einhellige Erkenntnis der Podiumsdiskussion: auch wenn Vielfalt – nicht nur in Kinderbüchern – gerade einen Trend erlebt, gibt es keine einfachen Antworten. Welches Weltbild wollen wir Kindern vermitteln, und wie können beispielsweise kindliche Erfahrungen mit Krankheit oder Armut dargestellt werden? Es bleibt viel zu tun, auch strukturell. Die Diskutant*innen stellten fest, dass Verlage eine Verantwortung haben, people of color einzustellen, und dass privilegierte Illustrator*innen, die mit dem Thema Vielfalt Erfolg haben, Kolleg*innen unterstützen sollten, die es beispielsweise aufgrund einer Behinderung schwerer haben. Sie sollten auch dazu bereit sein, für diese die Bühne freizumachen.

Drittmittelprojekt sensibilisiert für Geschlechteraspekte in der Forschung

Lars Burghardt ist einer der zahlreichen Forscher*innen in Bamberg, die sich explizit mit Diversität auseinandersetzen. In der Forschung an der Universität Bamberg, aber auch anderen Hochschulen, wird Diversität – vor allen Dingen in Bezug auf Geschlecht und Gender – in den kommenden Jahren noch zunehmend wichtiger werden. Forschung ohne Geschlechterperspektive hat es beispielsweise bei der Drittmitteleinwerbung immer schwerer – spätestens seit dem neuen Forschungsrahmenprogramm der EU „Horizon Europe“, das neben strukturellen Gleichstellungsmaßnahmen bei jedem Projektantrag auch eine inhaltliche Aussage fordert, inwiefern Geschlecht für die Forschungsfrage relevant ist. Genau zu diesem Thema konnte vor Kurzem ein neues Drittmittelprojekt eingeworben werden: „GENIAL forschen: GEschlechterpoteNzIALe nutzen - Gesellschaft verändern“. Das Projekt wird zunächst für sechs Monate vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 50.000 Euro gefördert. „Im Rahmen dieses Projektes wollen wir Sensibilität für Geschlechteraspekte in Forschungsprojekten erhöhen“, erklärt Universitätsfrauenbeauftragte Prof. Dr. Astrid Schütz. „Wir planen eine Profilinitiative und wollen inklusive und innovative Forschung fördern, die die Variablen Geschlecht und Gender systematisch berücksichtigt.“

Geschlechtersensibilität als Bewertungskriterium bei Drittmitteln

Der Workshop „Expertise in geschlechtersensibler Forschung als Faktor der Drittmitteleinwerbung“ nahm sich dieses Themas am Vormittag des Diversity-Tages an und bot Wissenschaftler*innen einen ersten Einblick. Dr. Janina Dillig vom Frauenbüro klärte anhand zahlreicher Beispiele darüber auf, warum geschlechtersensible Forschung wichtig ist. Plakatives Beispiel: Menschen unter 1,60m Körpergröße, also meist Frauen, haben ein höheres Verletzungsrisiko bei Autounfällen, weil Crash-Test-Dummies auf den durchschnittlichen mitteleuropäischen Mann ausgelegt sind. Diese Datenlücke kann im Zweifel Menschenleben kosten. Nicht jede Geschlechterlücke in Forschungsdaten hat derart drastische Konsequenzen. Dennoch ist das Thema ein Bewertungskriterium bei der Drittmitteleinwerbung, wie der Impulsvortrag von Dr. Julia Kinzler aus dem Dezernat Z/FFT zeigt. Sie leitete die Wissenschaftler*innen an, eigene Forschungssteckbriefe zu erstellen, wie sie zunehmend auf Vernetzungsevents genutzt werden, und hier insbesondere die Gender- und Diversity-Aspekte ihrer Forschung herauszuarbeiten.

Bei Diskriminierung ist die Wirkung entscheidend, nicht die Absicht

Ebenfalls am Vormittag lud Cindy Strömel-Scheder von der Antidiskriminierungsstelle zum Workshop "Diversity To Go" für das wissenschaftsstützende Personal der Universität. Ziel des Workshops war es, ein eigenes Diversitätsverständnis zu reflektieren und für Dimensionen der Diskriminierung zu sensibilisieren. Die Teilnehmer*innen hatten zudem die Gelegenheit, sich in einer offenen und wertschätzenden Atmosphäre über eigene Erfahrungen auszutauschen, Feedback zu erhalten und konkrete Möglichkeiten für diversitäts- und diskriminierungssensibles Handeln abzuleiten. Dabei diskutierten sie unter anderem über verschiedene Formen von Diskriminierung oder über Möglichkeiten, diversitätssensible Kompetenzen für den Arbeitsalltag zu erwerben. Schnell wurde klar: Das Themenfeld ist sehr komplex und auf viele Fragen gibt es keine klaren und einfachen Antworten – wohl aber Orientierungsmöglichkeiten, die Cindy Strömel-Scheder immer wieder prägnant auf den Punkt brachte. Beispielsweise zur Frage, wann eine Aussage oder Handlung diskriminierend ist. „Auf die Wirkung kommt es an, nicht auf die Absicht.“

Wer mehr über das Thema Diversity an der Universität Bamberg erfahren möchte – auch zu den zahlreichen Aktivitäten abseits des Diversity-Tages – findet Informationen unter: www.uni-bamberg.de/diversity

Außerdem ist dieses Jahr erneut der Diversity-Preis ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist für den mit 1.000 Euro dotierten Preis ist der 15. Juli. Informationen zum Preis und den Bewerbungsmodalitäten unter: www.uni-bamberg.de/diversity/diversity-management-und-universitaeres-leben/diversity-preis

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Seite 151307, aktualisiert 09.06.2022