Individuell und vertraulich: Die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle

Ein niedrigschwelliges Angebot für alle Universitätsangehörigen von Beratung bis Schulungen bietet die Antidiskriminierungsstelle.

Antidiskriminierungsbeauftragte Cindy Strömel-Scheder steht vor dem Universitätsgebäude auf der Erba-Insel
  • Campus
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  • 05.05.2022
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  • Hannah Fischer
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  • Lesedauer: 5 Minuten

Cindy Strömel-Scheder leitet seit Juli 2021 die Antidiskriminierungsstelle der Universität Bamberg. An diese Stelle können sich alle Universitätsangehörigen wenden, die von Diskriminierung oder Benachteiligung betroffen sind. Im Interview erzählt Cindy Strömel-Scheder, warum die Universität überhaupt eine Antidiskriminierungsstelle braucht, welche konkreten Ziele die Antidiskriminierungsarbeit an der Universität verfolgt und wie eine Beratung ablaufen kann.

Liebe Cindy Strömel-Scheder, bereits seit einiger Zeit gibt es die Antidiskriminierungsstelle. Wieso braucht die Universität Bamberg eine solche Stelle?

Eine Antidiskriminierungsstelle ist ein ganz wesentlicher Bestandteil von Gleichstellungs- und Diversity-Arbeit. Auf der einen Seite ist es wichtig, für Universitätsmitglieder da zu sein, die Diskriminierung erfahren haben und diese zu unterstützen und zu beraten. Dafür gibt es auch weitere Anlaufstellen an der Universität, wie etwa die Gleichstellungsbeauftragten, die Frauenbeauftragten und einige mehr. Diese sind aber jeweils für spezielle Themen oder einzelne Gruppen von Universitätsangehörigen zuständig. Die Antidiskriminierungsstelle ist eine zentrale Anlaufstelle, die alle Arten von Diskriminierung in den Blick nimmt. Dazu zählen etwa Diskriminierungen aufgrund der Herkunft, des Alters oder Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder auch der Religion. Auf der anderen Seite bin ich nicht nur da, wenn bereits etwas passiert ist, sondern auch, um zu schulen und zu sensibilisieren.

Wer kann sich an Sie wenden?

Die Antidiskriminierungsstelle ist ein ganz niedrigschwelliges Angebot. Prinzipiell können sich wirklich alle Universitätsangehörigen an mich wenden – unabhängig davon, ob sie im wissenschaftlichen Bereich oder im wissenschaftsstützenden Bereich tätig sind oder ob sie Studierende sind. Auch externe Personen, die sich beispielsweise an der Universität Bamberg beworben haben, können auf mich zukommen.

Sie bekleiden seit Juli 2021 diese Stelle. Welche Bedarfe konnten Sie bereits an der Universität identifizieren und was läuft vielleicht schon ganz gut?

Es gibt viele Dinge, die gut laufen, vor allem in den Bereichen Beratung, Sensibilisierung und Empowerment. Zum Beispiel organisiert das Frauenbüro ein tolles Unterstützungs-, Schulungs- und Weiterbildungsangebot. Die Konfliktleitsysteme der Universität für Studierende und Beschäftigte sind außerdem sehr gute Wegweiser, um bei Problemen die richtigen Ansprechpartner*innen zu finden. Bisher kann ich zu den Bedarfen noch keine repräsentative Aussage treffen, weil die Bedürfnisse der einzelnen Personen, die sich an mich wenden, ganz unterschiedlich und breit gefächert sind. Das wird aber Aufgabe in der kommenden Zeit.

Haben Sie konkrete Ziele für die kommende Zeit?

Die Stelle ist zunächst auf zwei Jahre befristet, um zu sehen, wo überhaupt die Bedarfe an der Universität liegen. Das erste große Ziel war es, ein Beratungskonzept zu etablieren, das Betroffene unterstützt, sie in ihrer Handlungsfähigkeit stärkt und Ressourcen aktiviert. Es gibt inzwischen ein Beratungskonzept auf deutsch und englisch, das sich auf viele Fälle anwenden lässt. Zusätzlich schaue ich mir an, welche Anliegen häufiger an mich herangetragen werden, aber ebenso, welche Dinge bereits gut laufen. Da die (Anti)Diskriminierung ein sehr weit gefächertes Gebiet ist, geschieht dies in engem Austausch mit weiteren Stellen und Organen der Universität. Im zweiten Jahr geht es nun auch darum, den Fokus auf Schulungen zu legen und Universitätsangehörige zu sensibilisieren. Die Gleichstellungsbeauftragten und ich organisieren beispielsweise einen Workshop für wissenschaftsstützende Mitarbeitende am bundesweiten Diversity-Tag Ende Mai. Es soll um Diversitätssensibilität gehen und darum, wie man im jeweiligen Arbeitsbereich gut und sicher mit Vielfalt umgehen kann. Etwas, was ich zudem in der kommenden Zeit anregen und unterstützen werde, ist die Einrichtung einer Beschwerdestelle, die dann außerhalb der Antidiskriminierungsstelle angesiedelt sein wird.

Wie läuft eine Beratung ab?

Die Universität kehrt langsam aber sicher zur Präsenz zurück; dementsprechend können die Beratungen wieder vor Ort stattfinden. Es geht aber auch per Telefon oder Zoom. Wichtig zu wissen ist vor allem, dass alles, was bei der Beratung besprochen wird, vertraulich behandelt wird und einer Schweigepflicht unterliegt. Nur wenn die Person das möchte, kann ich das Anliegen weitergeben – auch anonym. Die Beratung ist außerdem bedarfsorientiert, sodass ich auf die jeweilige Person und ihre Bedürfnisse individuell eingehen kann. Zunächst wird die erlebte Situation besprochen, sodass die betroffene Person selbst nochmal die Möglichkeit hat, zu reflektieren, was sie erlebt hat. Darauf aufbauend überlege ich mit der Person gemeinsam, wie diese jetzt handeln kann, welche Vor- und Nachteile bestimmte Handlungsoptionen bieten. Außerdem stehe ich den Personen auf dem Weg, gegen die Diskriminierung vorzugehen, zur Seite. Wenn ein Anliegen fachlich an einer anderen Stelle der Universität besser aufgehoben wäre, kann ich auf diese verweisen. Prinzipiell muss auch nicht unbedingt eine Handlung aus dem Gespräch folgen. Es kann auch sein, dass jemand einfach nur über etwas reden möchte und psychische Entlastung braucht.

Mit welchen Anliegen sind Universitätsangehörige schon auf Sie zugekommen?

Die Themen sind sehr breit gefächert. Besonders die Corona-Pandemie war Treiberin von Sorgen und Ängsten, die auch mit Ungleichbehandlung zu tun hatten. Einige Fragen kamen in Hinblick auf Transgeschlechtlichkeit auf, genauer zum Beispiel die Handhabung von Vornamensänderungen, was ein sehr komplexes aber wichtiges Thema ist. Weitere Anliegen bezogen sich beispielsweise auch auf Ungleichbehandlungen aufgrund von Herkunft und Religion, sowie auf Fälle von Belästigung.

Welcher Weg hat Sie zu der Stelle geführt?

Ursprünglich komme ich nicht aus Franken, sondern aus Thüringen. Ich habe in Halle sowie in Jena Psychologie studiert und arbeite mich seitdem sozusagen kontinuierlich gen Süden. Als ich die Stellenausschreibung gesehen habe, dachte ich mir, dass die Stelle sehr gut zu mir passt. Parallel promoviere ich in der Bamberger Psychologie, setze mich ehrenamtlich in der Krisenberatung ein und bin in einem Berufsverband für queere Psycholog*innen, daher passen die Anforderungen der Stelle gut mit meinem fachlichen Hintergrund zusammen.

Vielen Dank für das Interview!

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Seite 151044, aktualisiert 06.05.2022