Nachhaltig gesund in einer digitalen Welt

Studierende und Wissenschaftler*innen diskutierten an einem Aktionstag über eine lebenswerte Zukunft.

Studierende stehen an Pulten und sprechen miteinander
  • Campus
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  • 30.06.2023
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  • Tanja Eisenach
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  • Lesedauer: 7 Minuten

Nicht nur die 33. Bamberger Hegelwoche, auch der Aktionstag „Nachhaltig gesund in einer digitalen Welt“ am Freitag, 23. Juni, in der AULA der Universität stand ganz im Zeichen der von Menschen gemachten Gegenwart. Studierende und Lehrende diskutierten mit renommierten Persönlichkeiten der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) sowie Bürgerinnen und Bürgern über eine lebenswerte Gesellschaft und Handlungsperspektiven, die sie in Lehrveranstaltungen entwickelt hatten: Was ist zu tun angesichts des rasanten Klimawandels, einer auf unbegrenztes Wachstum ausgelegten Wirtschaft? Wie können wir als Individuen und Gesellschaft vor diesem Hintergrund gesund leben und gesund bleiben – und wie kann uns Digitalisierung dabei helfen?

Zu Gast war auch der bayerische Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz Thorsten Glauber (re.). Er verwies in seinem Grußwort darauf, wie wichtig es ist, verantwortungsvoll mit neuen Technologien umzugehen: „Wir stehen am Beginn von Technologien, die die Welt verändern werden. Wir sind daher alle gefordert, die neue digitale Welt sicher zu gestalten. Wir wollen Innovationen fördern und fordern im Gegenzug Verantwortungsbewusstsein von Entwicklern und Unternehmen. Sie dürfen nicht alles ausreizen, was technisch und rechtlich möglich ist. Wir wollen Verbraucherinnen und Verbraucher befähigen, eigenständig zu handeln.“

Eine Posterausstellung mit Wettbewerb, flankiert von einem moderierten Gespräch mit Studierenden und einer Podiumsdiskussion zeigte, wie vielfältig an der Universität Bamberg zu diesen Themen geforscht und gelehrt wird. Moderiert von der Informatikerin Prof. Dr. Ute Schmid und dem Psychologen Prof. Dr. Jörg Wolstein sowie VDW-Geschäftsführerin Dr. Maria Reinisch stellten Studierende zum Beispiel verschiedene Seminar- und Forschungsprojekte zu Themen der Prävention und Gesundheitsförderung sowie zum Beispiel zur Nutzung von KI-Algorithmen zur Diagnose von Krankheiten wie Morbus Parkinson vor.

Prof. Dr. Stefan Voll, Leiter des Universitätssportzentrums, sorgte zwischendurch für eine im wahrsten Sinne des Wortes „aktive Pause“. Damit gemeint ist ein effektives Bewegungsprogramm direkt am Arbeitsplatz. Ein wesentliches Kennzeichen dieses Konzeptes ist, dass das mobile Bewegungsangebot zu den jeweiligen Personen kommt und nicht wie üblich von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern aufgesucht werden muss.

Podiumsdiskussion „Wir sind dran“: Gestaltung einer lebenswerten Zukunft ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

„Ziel unseres Aktionstags ist es, der Öffentlichkeit zu zeigen, wie die Universität Bamberg die Zukunft von Stadt, Region und Gesellschaft in den Bereichen Gesundheit und Digitalisierung aktiv mitgestaltet“, erklärte Universitätspräsident Prof. Dr. Kai Fischbach (re.) bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Wir sind dran“, unter der Moderation von VDW-Geschäftsführerin Dr. Maria Reinisch (li.). Dabei sieht er viele Schnittstellen und Anknüpfungspunkte zu außeruniversitären Einrichtungen, Institutionen und Unternehmen, allen voran zu kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), die Oberfranken besonders prägen.

Klimaforscher Prof. Dr. Hartmut Graßl (2.v.li.) machte auf die Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Gesundheit aufmerksam und definierte die Aufgabe, die die Wissenschaft aus seiner Sicht vor diesem Hintergrund hat: „Die Klimaveränderungen haben einen immer stärkeren Einfluss auch auf unsere Gesundheit und die Zahl der ‚Hitzetoten‘ steigt und wird weiter steigen. In der VDW kümmern wir uns ganz im Sinne einer verantwortlichen Wissenschaft, um aus wissenschaftlicher Sicht hier Antworten zu finden und Innovationen voranzubringen, um dem Klimawandel entgegenzutreten.“

Hirnforscher und Psychologe Prof. Dr. Ernst Pöppel betonte, wie wichtig generationenübergreifendes Arbeiten für die Entwicklung von Innovationen ist: „Wir als Mensch können mit unserem Hirn oft nicht richtig auf die komplexen Veränderungen reagieren. Wir wollen einfache Antworten. Diese sind nur leider nicht einfach. Umso wichtiger ist es, diese in die Köpfe und Herzen der Menschen zu bringen, dass man sie versteht und entsprechend handelt. Deswegen hilft es, wenn sich Institutionen wie die junge VDW und die Studierenden mit ihren frischen Ideen zusammentun."

Ernst Ulrich von Weizsäcker konturierte mit seinem Impulsvortrag die Veranstaltung. Seine Charakterisierung des Anthropozäns, sein eindringlicher Appell an die Menschheit, insbesondere an die westlichen Industrieländer, ihr Verständnis von Wirtschaft und Wachstum neu zu definieren, machte klar, auf welcher Grundlage unsere Gesellschaft heute über die Zukunft von morgen nachdenken sollte: „Wir stecken in einer philosophischen Krise, deshalb brauchen wir eine Aufklärung 2.0.“ Adam Smith, David Ricardo oder Charles Darwin, drei große Denker des 18. und 19. Jahrhunderts, die den Weg ins Anthropozän geebnet haben, sie müssten korrekt interpretiert, die analytische Philosophie zurückgedrängt und der Sozialdarwinismus überwunden werden. Erst dann, so Weizsäcker, könne der Mensch wieder in seine Mitte finden und ein gesundes Verhältnis zu seiner Umwelt aufbauen.

Balance als wichtigstes Gesundheitsprinzip im digitalen Zeitalter

„Aktionstage zur Aufklärung 2.0.: Wir sind dran!“ heißt die Veranstaltungsreihe, mit der die VDW durch Deutschland tourt, um an den Universitäten mit Bürger*innen, Studierenden und Lehrenden ins Gespräch zu kommen, in Bamberg zum Thema „Nachhaltig gesund in einer digitalen Welt“. Doch was kann „Wir sind dran“ konkret bedeuten? Ernst-Ulrich von Weizsäcker schlägt verschiedene Maßnahmen vor. „Hier kommt die CO2-Steuer ins Spiel. Man kann sie sozial- und industrieverträglich gestalten“, sagt von Weizsäcker. „Klimapolitik muss weltweit gedacht und die Wirtschaftsleistung von Treibhausgasemissionen entkoppelt werden.“ Balance sei hier das Stichwort und der Grundgedanke der Aufklärung 2.0. Balance zwischen Mensch und Natur, Kurz- und Langfristigkeit, Staat und Markt oder Gerechtigkeit und Leistungsanreiz.

Genau hier setzt die Gesundheitsforschung an der Universität Bamberg an, die seit etwa zwei Jahren in der Profilinitiative Gesundheit gebündelt wird. Sie hat den Aktionstag maßgeblich getragen und mitgestaltet und will in drei Forschungsschwerpunkten „Gesundheit in einer digitalen Welt“, „Gesundheit in Kita, Schule und am Arbeitsplatz“ und „Gesundheit im Lebenslauf“ das leisten, was von Weizsäcker fordert, nämlich etwas in die Balance bringen.

So können Nutzerinnen und Nutzer in der App „bassd – Wohlfühlen in Bamberg“ zu insgesamt 16 Wohlfühlorten in Bamberg spazieren, dabei verschiedene Übungen durchführen, die Geist und Körper entspannen oder aktivieren. Bei den Besucherinnen und Besuchern des Aktionstags kam dieses Konzept sehr gut an. Die Studierenden durften einen Preis für das motivierendste Poster entgegennehmen.

Um eine gute Balance zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeitsarbeit am Beispiel eines Themas aus der Gesundheitspsychologie ging es im Seminar „Science goes social media“. Ziel des Seminars ist es, mit Instagram-Posts die Vielfalt der Ernährungsweisen zu unterstreichen und mit Tipps und Tricks zu einem entspannteren Zusammenkommen am Esstisch beizutragen. Das Publikum belohnte das Engagement der Studierenden mit einem Preis für das ansprechendste Poster.

Gesundheitsforschung an der Universität Bamberg soll weiter gestärkt werden

Den Preis für das innovativste Poster erhielt das Forschungsprojekt "PainFaceReader". Forschungsgegenstand ist der menschliche Gesichtsausdruck als Mittel non-verbaler Kommunikation, das Aufschluss über den mentalen Zustand einer Person geben kann. Mimische Signale von Schmerz schnell und präzise zu erkennen, ist vor allem in solchen Anwendungsszenarien wichtig, in denen Menschen nicht in der Lage sind, ihre Empfindungen verbal zu kommunizieren. Beispiele hierfür sind Kleinkinder oder Menschen mit Demenz.

„Die Gesundheitsforschung an der Universität Bamberg hat eine lange Tradition“, sagt Kai Fischbach. „Neu ist jedoch der Zusammenschluss von derzeit rund 20 Professuren zu einer Profilinitiative. Damit wollen wir das interdisziplinäre Arbeiten zwischen den Professuren intensivieren und noch stärker in die Gesellschaft wirken – zum Wohle aller.“ Sprecher*innen der Initiative sind Prof. Dr. Jörg Wolstein von der Professur für Pathopsychologie sowie Prof. Dr. Henriette Engelhardt-Wölfler von der Professur für Demografie. Durch die Zukunftsoffensive Hightech Agenda Bayern konnten schon bestehende Forschungsfelder wie das der Künstlichen Intelligenz (KI) auf medizinische und Gesundheits-Themen ausgeweitet werden. Beispiele sind erklärendes und interaktives maschinelles Lernen für bildbasierte Diagnostik und weitere KI-Anwendungen im Bereich Health Care.

Die „Aktionstage zur Aufklärung 2.0: Wir sind dran!“ sind eine Veranstaltung, die die VDW in Kooperation mit dem Wuppertal Institut und der Deutschen Gesellschaft Club of Rome an verschiedenen Hochschulen durchführt. Ins Leben gerufen wurden die Aktionstage beim Symposium „Wir sind dran: Inspirieren – Reflektieren – Handeln“ anlässlich des 80. Geburtstags von Ernst Ulrich von Weizsäcker. Folgerichtig ist von Weizsäcker auch der Schirmherr der Veranstaltung. Der Bamberger Beitrag zu den Aktionstagen, die Veranstaltung „Nachhaltig gesund in einer digitalen Welt“, ist zudem Teil des Themenjahrs Gesundheit der TechnologieAllianzOberfranken (TAO).

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Seite 158513, aktualisiert 21.11.2023