Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Internationale Kooperation: Archäologisches Forschungsteam untersucht Reste einer antiken Stadt auf Sizilien.

Die Bamberger Studierenden Patrick Rock und Simon Seyfried während der Georadar-Aufnahme.
  • Forschung
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  • 04.08.2022
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  • Till F. Sonnemann
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  • Lesedauer: 3 Minuten

Die Landschaft flimmert in der sizilianischen Gluthitze, während Bamberger Studierende einen roten Kasten über die gemähte Grasfläche ziehen, dessen Zweck sich nicht auf den ersten Blick erschließt. Direkt am Meer an der Südostküste der Insel gelegen, zeugt nur eine stählerne Umzäunung davon, dass der von Gras und Sträuchern bedeckte, unscheinbare Hügel einen archäologischen Schatz birgt: die Reste einer griechischen Stadt. Vom mächtigen, etwas nördlich gelegenen Syrakus wohl im 8. Jahrhundert vor Christus gegründet, entwickelte sich die Kolonie Eloro/Helorus in der hellenistischen Epoche zu einer etwa fünf Hektar großen, von Mauern geschützten Siedlung mit kleinem Theater und verschiedenen Heiligtümern. Von den Römern erobert und in byzantinischer Zeit verlassen, wurde die Stätte im 16. Jahrhundert erstmals neuzeitlich beschrieben und in verschiedenen Kampagnen seit Ende des 19. Jahrhunderts in Teilen archäologisch erfasst. Über 90 Prozent der Fläche von Eloro sind jedoch kaum erforscht, was nun ein italienisch-amerikanisch-deutsches Forschungsteam angeht.

Erste Untersuchungen im Juli 2022

Initiiert wurde die Kooperation vom Klassischen Archäologen Prof. Dr. Davide Tanisi von der University of Southern Florida, der auch die sizilianischen Denkmalschutzbehörden vom Projekt überzeugen und mit an Bord holen konnte. Im Juli 2022 wurden nun in einer Kurzkampagne gemeinsam mit Prof. Dr. Nicola Lercari vom Institut für Digitale Kulturerbestudien der Ludwig-Maximilians-Universität München und Prof. Dr. Till Sonnemann von der Universität Bamberg zerstörungsfreie Untersuchungen durchgeführt, um verschiedene Methoden vor Ort zu testen und zu diskutieren. Studierende der verschiedenen Universitäten wurden angeleitet, mit Laserscannern die wenigen ausgegrabenen und derzeit von Bewuchs befreiten Strukturen zu scannen, während sie mit Drohnenflügen und Luftbild-Photogrammetrie einen Überblick gewinnen konnten.

3-D-Karte der historischen sizilianischen Stadt

Der oben beschriebene rote Kasten ist die Antenne eines Georadargeräts. Aus der Reflexion davon ausgehender elektromagnetischer Signale lässt sich eine dreidimensionale Karte der Strukturen im Untergrund erstellen. Erste Ergebnisse des Bamberger Teams der Juniorprofessur für Informationsverarbeitung in der Geoarchäologie zeigen im Zentrum eine dichte Stadtstruktur, die große Hoffnung auf weitere Entdeckungen in folgenden Kampagnen macht.

Die zentrale Idee der geplanten langfristigen Kooperation ist, der archäologischen Stätte mit minimal-invasiven Messmethoden noch viele Geheimnisse zu entlocken. Ziel ist es, das kaum erforschte urbane Leben der griechischen und folgenden Siedlungsperioden besser zu verstehen, und die derzeit für die Öffentlichkeit gesperrte Stätte wieder zugänglich zu machen und zu erklären. Große archäologische Ausgrabungen sind dagegen nicht geplant. Jedoch sollen Monitoring-Ansätze den Einfluss des Klimawandels auf freigelegte archäologische Strukturen in der mediterranen Umwelt dokumentieren, um damit die Bemühungen zum Erhalt dieser und anderer Stätte beispielhaft zu unterstützen.

Langfristiges Ziel: Forschungskooperation

Lief die erste Kampagne noch als Lehrveranstaltung im Rahmen eines Geländepraktikums mit Studierenden, soll nun langfristig eine Forschungskooperation durch Drittmittelförderung aufgebaut, und Studierenden die Teilnahme durch gemeinsam organisierte, internationale Summerschools ermöglicht werden. Ausgehend von der diesjährigen Erfahrung ist der Plan, die Geländearbeiten dann jedoch in Monaten mit arbeitsfreundlicheren Temperaturen durchzuführen. Die archäologischen Untersuchungen auf Sizilien gehören zum Forschungsschwerpunkt „Erschließung und Erhalt von Kulturgut“ der Universität Bamberg.

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Seite 153148, aktualisiert 04.08.2022