Plötzlich alles anders

Ein Rückblick auf die erste Corona-Phase aus Sicht von Cordula Schwiderski vom IT-Support

Cordula Schwidersiki vom IT-Support schaut lächelnd auf ihren Bildschirm
  • Menschen
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  • 12.06.2020
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  • Stephanie Fröba
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  • Lesedauer: 14 Minuten

Ob Studierende, Lehrende, Forschende oder Mitarbeitende – für alle hat sich mit den Corona-Ausgangsbeschränkungen im März der Alltag von heute auf morgen stark verändert. Damit im Homeoffice mit digitalen Lehrangeboten, Videokonferenzen, Chat-Kommunikation, Arbeitsplatzzugriffen und Co der „normale“ Betrieb an der Uni überhaupt irgendwie weiterlaufen konnte, musste das Team im Rechenzentrum Höchstleistungen erbringen. Wir haben Cordula Schwiderski, die Leiterin des IT-Support der Uni Bamberg, im Interview gebeten, auf diese intensive Zeit zurückzublicken...

Wie hat sich die Arbeit im Rechenzentrum und beim IT-Support wegen Corona verändert? Welche Herausforderungen waren zu lösen?

Das ging in mehreren Etappen vor sich: Ab Anfang März mussten wir abends immer unsere Dienst-Notebooks mit nach Hause nehmen, weil nicht klar war, ab wann wir nicht mehr die Büroräume betreten dürfen. Am 18. März begaben sich einige Kolleginnen und Kollegen (auch ich) in Quarantäne, weil wir einige Tage zuvor Kontakt mit einer positiv auf Corona getesteten Person hatten. Ab dem 23. März waren dann nur noch wenige Kollegen aus dem Rechenzentrum vor Ort, die meisten arbeiteten im Homeoffice. Für uns im IT-Support bedeutete dies zunächst, dass wir unsere interne Kommunikation auf Rocket.Chat, Telefon, E-Mail und Skype for Business oder MS Teams umstellen mussten. Ein Kollege von uns hielt die Stellung im Rechenzentrum, alle anderen waren im Homeoffice – auch die Hilfskräfte. Gespräche zwischen Tür und Angel, um sich schnell mal gegenseitig zu helfen, konnten so nicht mehr stattfinden und mussten auf Chat-Systeme ausgelagert werden.

Unser Arbeitstag begann mit einer kurzen gemeinsamen Besprechung per Teams. Zum Glück hatten unsere Kollegen der Fachabteilung die Lizenzen von Skype und Teams ja bereits zum 20. März freigeschaltet und alles eingerichtet, so dass in unserer Abteilung, aber auch im Rechenzentrum die Kommunikation über diese neuen Kanäle laufen konnte. Damit begann dann aber auch ein Kraftakt im IT-Support: Wir hatten neben den üblichen Anfragen vor allem viele Fragen zu Möglichkeiten, im Homeoffice zu arbeiten oder die Lehre virtuell durchzuführen, parallel dazu mussten wir Skype und Microsoft Teams testen, um Informationen für die Nutzerinnen und Nutzer bereitstellen und Schulungen durchführen zu können. Alleine vom 20. bis 31. März haben wir im IT-Support fast 500 Kundenanfragen (ohne Schulungen von Einzelpersonen und Teams) bearbeitet. Bis zum Vorlesungsbeginn war die Aufregung auf Seiten einiger Dozierender, aber auch in unserem Team manchmal hoch, weil wir nicht schnell genug antworten, noch keine adäquate Lösung anbieten konnten oder ähnliches. Die zusätzlichen unterschiedlichen Kommunikationskanäle, die ja auch für uns im Rechenzentrum noch dazukamen, und die dadurch fälschlicherweise suggerierte ständige Erreichbarkeit, haben das Arbeiten noch komplexer gestaltet. Denn: Seit dem 23. März gab es plötzlich ja auch keine Laufkundschaft mehr bei uns. Unsere Anwenderinnen und Anwender nutzten häufiger das Telefon, um ihre Frage zu stellen, aber versuchten es auch über andere Kanäle, die ja auch plötzlich für sie zur Verfügung standen.

Wieviel Mehraufwand mussten Sie und Ihr Team leisten und wieso hat's funktioniert?

Meine Kolleginnen und Kollegen im IT-Support hatten weitestgehend geregelte Arbeitszeiten: Um 8 Uhr trafen wir uns mit unserem Kollegen, der zu Quarantänezeiten oft alleine im Rechenzentrum die Stellung hielt, kurz zu einem gemeinsamen Start in MS Teams. Danach haben unser Ticketsystem und das Telefon oftmals geglüht. An manchen Tage war der Ansturm nicht zu schaffen. Um 17 Uhr musste unser Kollege das Rechenzentrum verlassen, weil die Hausmeister die Gebäude zusperrten. Dann war auch für die meisten aus meinem Team der Arbeitstag zu Ende. Ich denke, in den anderen Abteilungen, die auch vor Ort mit ein paar Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rechenzentrum vertreten waren, lief es ganz ähnlich. Bei denjenigen, die im Homeoffice arbeiten und Kinder oder andere Familienangehörige betreuen, läuft der Arbeitsalltag momentan sicher anders. Trotzdem waren immer alle Kolleginnen und Kollegen füreinander da, haben zusammengehalten, sich gegenseitig geholfen, so dass wir als gesamtes Rechenzentrumsteam die Herausforderungen tatsächlich gemeinsam richtig gut gestemmt haben. Deshalb hat das alles auch so gut geklappt: Weil wir einfach als Team gut funktioniert haben. Dass sich dabei einige von uns auch immer mal wieder außerhalb der regulären Arbeitszeiten engagiert haben, zeigt das Engagement und die Identifikation der Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Arbeit und der Universität.

Gibt es ein Szenario aus der Hochphase der Corona-Umstellungen, das Sie fast zum Verzweifeln gebracht hätte?

Oh, da gibt es mehrere (lacht). An dem Tag als der Umzug aufs neue E-Mail-System beginnen sollte, zum Beispiel. An dem Tag war ich nicht mehr in Quarantäne, aber morgens zu Hause etwas später dran als sonst, so dass ich nicht im Büro, sondern von zuhause aus an unserer Morgenrunde in MS Teams teilnehmen wollte. Beim Frühstück-Machen las ich dann eine Nachricht von einem Kollegen im Homeoffice, ich möge doch mal überprüfen, ob im Postfach vom IT-Support tatsächlich keine E-Mails seien, denn im Ticketsystem könne er keine finden. Im E-Mail-Postfach lungerten eine Menge Kundenanfragen, die nicht weitergeleitet wurden … Ein sicheres Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmte. Die zuständige Fachabteilung wurde informiert, Technik wurde umgestellt, so dass wir wieder E-Mails beantworten konnten, die gefühlt im Sekundentakt einflogen. Ich traute mich nicht, mich auf den Weg ins Rechenzentrum zu machen, sondern bearbeitete mit meinen Kollegen, die sich auch im Homeoffice befanden, die E-Mails, während die Kolleginnen und Kollegen im IT-Support im Rechenzentrum vor allem den Ansturm an Anrufen bewältigten. Insgesamt haben wir an diesem Tag 145 Kundenanfragen dokumentiert (vermutlich waren es aber mehr, die wir beantworteten). Es tat mir so leid, dass ich meine Leute nicht direkt im Rechenzentrum unterstützen konnte, aber ich rechnete mir aus, dass ich mindestens eine halbe bis dreiviertel Stunde gebraucht hätte, um im Rechenzentrum einzutreffen – Zeit, in der ich gut E-Mails und Anrufe beantworten konnte ... Am Nachmittag war ich dann mit einer Professorin in MS Teams verabredet. Erst als ich die Übertragung meines Videos einschaltete fiel mir ein, dass ich ja bisher noch gar keine Zeit gehabt hatte, mich für den Tag zurecht zu machen. Dafür sah ich aber ganz passabel aus … ;-)

Wie haben Sie nach der intensiven Phase Ihre Speicher wieder aufgefüllt? Was hat Ihnen durch die Zeit geholfen?

Die vielen wohlwollenden und positiven Rückmeldungen von unserer Kundschaft haben mich immer wieder motiviert. Auch die Experimentierfreude der Anwenderinnen und Anwender. Das Lachen mit den Kolleginnen und Kollegen und mit den Anfragenden. Die Sonne, die in dieser Zeit besonders oft schien… Der beginnende Frühling. Das Wissen und die Sicherheit, dass ich gesund bin und dass ich weiterhin volles Gehalt beziehe. Der Zusammenhalt im Rechenzentrumsteam und in meinem direkten Umfeld: Während der Quarantäne-Zeit hat mich eine Freundin in den Mittagspausen besucht, damit ich nicht vereinsame. Eine Professorin hat mir angeboten, für mich in der Quarantäne-Zeit einzukaufen, weil ich ja nicht in den Supermarkt gehen durfte. Abends habe ich mich häufig mit Freundinnen am Telefon oder per Videochat ausgetauscht (auch wenn ich untertags schon zu Genüge telefoniert hatte). Darüber hinaus regeneriere ich gut bei der Gartenarbeit – außerdem habe ich ein Meditations- und Qigong-Zimmer, das ich genau dafür auch nutze. Und: Ich habe die erstbeste Gelegenheit für Tapetenwechsel genutzt und bin in der Himmelfahrtswoche auf eine Ostfriesische Insel abgehauen...

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Seite 147758, aktualisiert 30.03.2022