Da rührt sich was!

Der neue Professor Markus Rickert beschäftigt sich mit Robotern aller Art und wie sie mit Menschen interagieren können.

  • Menschen
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  • 07.12.2023
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  • Hannah Fischer
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  • Lesedauer: 6 Minuten

Prof. Dr. Markus Rickert ist seit dem Wintersemester 2023/24 neuer Professor für Multimodal Intelligent Interaction an der Universität Bamberg. In Forschung und Lehre beschäftigt er sich insbesondere mit intelligenten Systemen und der Zusammenarbeit von Robotern und Menschen. An seinem Schwerpunkt innerhalb der Informatik gefällt ihm am besten, dass sich etwas bewegt und er nicht jeden Tag ausschließlich vor dem Computer sitzt. So hat er vor einigen Jahren zum Beispiel mit Kolleg*innen einen Barkeeper-Roboter entwickelt. Die Herausforderung dabei war nicht nur, dass der Roboter einen Drink mixen kann, ohne Chaos anzurichten, sondern auch, dass er mit vielen Menschen interagieren muss. Was er vor seinem Ruf an die Universität Bamberg gemacht und geforscht hat und was ihm jetzt in der Lehre wichtig ist, erzählt Markus Rickert im Interview. 

Welcher Weg hat Sie nach Bamberg geführt?

Markus Rickert: Ich habe zunächst Informatik an der TU München studiert. Mein Schwerpunkt lag vor allem auf Software-Engineering. Erst mit meiner Diplomarbeit bin ich zur Robotik gekommen und habe mich vor allem mit sogenannter Bahnplanung beschäftigt. Die zentrale Frage ist dabei immer: Wie muss sich ein Roboter bewegen, ohne mit Hindernissen zu kollidieren? Anschließend bot sich die Möglichkeit, am selben Lehrstuhl im Rahmen eines großen EU-Projekts zu promovieren. Im Projekt „Joint-Action Science and Technology“ ging es darum, wie wir Roboter so programmieren können, dass sie möglichst gut mit uns Menschen zusammenarbeiten. 

Haben Sie ein Beispiel für diese Interaktion zwischen Mensch und Roboter?

Wir Menschen haben die außergewöhnliche Fähigkeit, gemeinsam zu handeln. Unsere Wahrnehmung, unsere Entscheidungen und unser Verhalten sind auf die anderer abgestimmt. Diese Erkenntnis war die Motivation für das Projekt. Wenn wir zum Beispiel gemeinsam einen Tisch tragen, müssen wir uns so koordinieren, dass wir in die gleiche Richtung laufen. Wenn wir gemeinsam ein Modell aus Lego bauen, dann stimmen wir uns ebenfalls aufeinander ab, sodass am Ende ein fertiges Produkt entsteht. Vieles geschieht implizit. Unser langfristiges Ziel war es, einen Roboter so programmieren zu können, dass er im Idealfall so mit einem Menschen gemeinsam handelt, wie es die Menschen untereinander tun. 

Wie ging es nach der Promotion für Sie weiter?

Von 2010 bis 2021 war ich bei fortiss, dem Landesforschungsinstitut des Freistaats Bayern für softwareintensive Systeme und An-Institut der TU München. Anschließend war ich zwei Jahre Leiter des TUM/Huawei Automotive Solutions Innovation Lab der TU München, bevor es nach Bamberg ging. Bei fortiss habe ich die Forschungsgruppe für Virtual Engineering and Robotics sowie die Forschungsgruppe für Autonomous Driving gegründet. In dieser Zeit begannen die großen Entwicklungen im Bereich des autonomen Fahrens. In diesem Zusammenhang ist die vorhin erwähnte Bahnplanung wichtig, damit autonome Fahrzeuge nicht mit Hindernissen kollidieren. Zudem hatten wir zahlreiche Projekte mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Dabei ging es vor allem um die Frage, wie wir die Programmierung von Robotern für KMU vereinfachen können. 

Warum muss die Programmierung von Robotern bei KMU einfacher sein?

In großen Unternehmen werden die Roboter für eine Produktionslinie oft ein halbes Jahr lang mit einem Team aus 50 Leuten programmiert. Dann läuft die Maschine fünf Jahre lang und produziert Tag für Tag den gleichen Gegenstand. KMU haben am Tag 20 verschiedene Aufträge, die alle inhaltlich unterschiedlich sind. Wenn sie nur zwei Wochen bräuchten, um den Roboter entsprechend zu programmieren, wäre das schon ein enormer Verlust für die Unternehmen. Die Frage ist also: Wie schaffen wir es, den Roboter so schnell zu programmieren, dass es sich auch bei kleinen Stückzahlen rechnet. 

Haben Sie ein konkretes Beispiel?

Textilprodukte werden seit Jahren auf zwei Arten hergestellt: Entweder in kostengünstiger industrieller Massenfertigung oder aufwendig und teuer in kleiner Stückzahl durch Manufakturarbeit. Kostengünstige Kleinserien oder schnelle Modellwechsel sind kaum realisierbar, obwohl von Kundenseite gefordert. Im Forschungsprojekt SPEEDFACTORY haben wir uns dieser Problematik angenommen, um dem Wunsch nach Individualität gerecht zu werden und trotzdem kosteneffizient zu produzieren. Wir haben uns zunächst auf Sportschuhe konzentriert. Ziel war die Fertigung von kleinen, individuellen Serien mithilfe einer optimalen Mensch-Roboter-Interaktion. 

Weg von der Forschung, hin zur Lehre: Gibt es etwas, das Sie selbst im Studium als Herausforderung empfunden haben und das Sie heute bei den Studierenden besonders fördern möchten? 

Im Studium musste ich zum ersten Mal Robotikformeln und -algorithmen in einem Computerprogramm umsetzen. Dazu hatte ich nur das Wissen aus Büchern. Damals musste ich feststellen: Vieles funktioniert in der Praxis nicht eins zu eins so, wie es in den Büchern steht. Deshalb ist mir wichtig, dass die Studierenden die Inhalte nicht nur auswendig lernen, sondern auch anwenden. Sie sollen eine grobe Vorstellung davon bekommen, wie man einen Roboter programmiert. So sehen sie auch, worauf es in der Praxis ankommt.

Warum haben Sie selbst Informatik studiert? 

Eigentlich wollte ich gar nicht Informatik studieren, sondern Kunst oder Architektur. Im Nachhinein betrachtet, war es wahrscheinlich keine schlechte Idee, bei Informatik zu bleiben. Mein ehemaliger Chef hat immer geschmunzelt, wenn ich gesagt habe, dass Software-Engineering für mich auch eine Art von Kunst ist. Denn es geht nicht nur darum, dass der Code funktioniert, sondern auch darum, dass er möglichst lesbar und effizient ist. Auch das ist für mich Kunst. 

Warum sollten andere auch Informatik studieren? 

Alles ist Informatik – sogar der Raum, in dem wir für das Interview sitzen. Früher oder später kommt also niemand umhin, sich zumindest ein bisschen mit Informatik zu beschäftigen. Ob man das als Hauptfach studiert, muss natürlich jeder selbst entscheiden, aber wenn man Informatik studiert, ist Robotik natürlich das spannendste Teilgebiet überhaupt. Denn da bewegt sich was. 

Glauben Sie, dass man damit auch schon Kinder für Informatik begeistern kann?

Ich denke, dass es unabhängig vom Fach wichtig ist, bei Kindern früh das Interesse für etwas zu wecken. Wenn man einem kleinen Kind beispielsweise einen Algorithmus zeigt, ist das wahrscheinlich eher langweilig und wenig verständlich. Wenn das Kind aber einen Roboter sieht, der durch die Gegend fährt, dann ist das spannend. Wenn das Kind den Roboter auch noch selbst steuern kann, dann springt der Funke vielleicht über. Es kommt also meiner Meinung nach vor allem auf die kindgerechte, spielerische Aufbereitung an. Wir haben zum Beispiel früher regelmäßig ein Praktikum für Kinder angeboten, bei dem sie kleine Aufgaben mit dem Roboter lösen konnten. Sowohl Mädchen als auch Jungen waren mit großer Begeisterung dabei. 

Vielen Dank für das Interview!

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Seite 162980, aktualisiert 07.12.2023