Im Interview: Neuer Professor für Data Engineering

Maximilian E. Schüle forscht zu Datenbanksystemen und maschinellem Lernen

Porträt Maximilian Schüle
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  • 15.02.2023
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  • Hannah Fischer
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  • Lesedauer: 6 Minuten

Direkt nach der Promotion in München ging es für Prof. Dr. Maximilian E. Schüle nach Bamberg. Seit Oktober 2022 hat er die Juniorprofessur für Informatik, insbesondere Data Engineering, an der Otto-Friedrich-Universität inne. Im Interview erzählt er, welche interdisziplinären Anknüpfungspunkte er bereits jetzt mit anderen Fächern sieht, welche Person ihm die Universität gleich sympathisch gemacht hat und wie eine Absage ihn zum Informatikstudium geführt hat.

Wie kam es dazu, dass Sie jetzt in Bamberg sind?

Maximilian E. Schüle: Auf die Universität Bamberg bin ich eigentlich durch Daniela Nicklas gekommen, die ja den Lehrstuhl für Informatik, insbesondere Mobile Softwaresysteme/Mobilität, innehat. Ich habe sie auf der BTW 2017 kennengelernt. Das ist die wichtigste Fachtagung für Datenbanksysteme in Deutschland. Daniela Nicklas hat dort die Universität Bamberg durch ihre Art sympathisch vertreten. Auf ihre Empfehlung hin habe ich mich auf die Juniorprofessur beworben. Sie hat mir die Arbeit in Bamberg auch damit schmackhaft gemacht, dass es viele Datenschätze gebe, die es noch zu verarbeiten gilt. Diese Schätze entstehen unter anderem durch die Kooperation mit der Stadt Bamberg im Rahmen des Smart City Programms sowie durch den Forschungsverbund FutureIOT, welcher praxisrelevante IoT-Lösungen in den Bereichen Smart City und Smart Agriculture entwickeln will.

Welcher berufliche Weg hat Sie nach Bamberg geführt?

In München habe ich im Bachelor Informatik und im Anschluss den universitätsübergreifenden Master in Software Engineering studiert. Für ein Auslandssemester war ich an der Sorbonne Universität in Paris. Anschließend habe ich am Lehrstuhl für Datenbanksysteme der TU München promoviert und war dort wissenschaftlicher Mitarbeiter. Der Ruf nach Bamberg kam direkt im Anschluss.

Zu welchen Themen forschen Sie?

Mein Schwerpunkt liegt auf Datenbanksystemen. Dabei geht es mir vor allem um die Systementwicklung mit Programmiersprachen wie C++. Ich beschäftige mich darüber hinaus auch mit der Schnittstelle zum maschinellen Lernen. Maschinelles Lernen ist ein Oberbegriff für die künstliche Erzeugung von Wissen aus Erfahrung. Ein künstliches System lernt aus Beispielen und kann diese nach einer Lernphase verallgemeinern. Wir verbessern das Zusammenspiel zwischen Datenbanksystemen und Anwendungen des maschinellen Lernens und entwickeln native Unterstützung für maschinelles Lernen in Datenbanksystemen. Oft werden die Daten extrahiert und anschließend in der Programmiersprache Python bearbeitet. Eine native Unterstützung für nutzerdefinierte Algorithmen für maschinelles Lernen im Datenbanksystem eliminiert die Notwendigkeit der Extraktion, der Transformation und des Ladens – ETL genannt - in externe Anwendungen.

Wo sehen Sie aus Forschungsperspektive Anknüpfungspunkte an andere Fächer an der Universität?

Innerhalb der Fakultät Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Kooperation. Ich hatte ja schon von den beiden Projekten von Daniela Nicklas erzählt – Smart City und FutureIOT. Außerdem sehe ich interdisziplinäre Anknüpfungspunkte in der Digitalen Denkmaltechnologie. Dort werden in einem Projekt zum Beispiel Grabsteine digitalisiert und so für die Nachwelt erhalten. Das ist eine klassische Anwendung für Datenbanksysteme.

Haben Sie schon konkrete Pläne, was Sie in Bamberg machen möchten?

Gerade habe ich einen DFG-Antrag geschrieben für ein Projekt mit dem Titel „Smart Database System for Smart City Bamberg“. Wenn alles klappt, dann möchte ich einen Prototyp für ein Datenbanksystem bauen, in dem die Daten, die im Rahmen des Smart City-Projektes erhoben werden, verarbeitet werden. Dort möchte ich auch Studierende einbeziehen – zum Beispiel in Form von Abschluss- oder Seminararbeiten.

Stichwort Studierende: Was ist Ihnen in der Lehre wichtig?

In meinen Kursen nutze ich viele frei zur Verfügung gestellte Online-Tools, sodass die Studierenden die Datenbanktheorie gleich spielerisch ausprobieren können. So bleiben die Kurse nicht theoretisch, sondern sind anwendungsorientiert. Prinzipiell ist es mir wichtig, dass die Studierenden auch komplexe Forschungsfragen beantworten können mit dem Wissen, das ich ihnen in meinen Kursen vermittle. Auch in meiner jetzigen Arbeit merke ich, wie wichtig das Grundstudium ist. Man braucht die theoretische Informatik und die Sprachtheorie, man sollte Ahnung von Betriebssystemen und Rechnerarchitekturen haben. Beim maschinellen Lernen sind Matrixalgebra und Analysis wichtig. Deshalb ist es zentral, dass die Studierenden vor allem aus den Grundlagenkursen viel mitnehmen.

Warum sollte man heute aus Ihrer Sicht Informatik studieren?

Die Konzerne stehen quasi Schlange. Informatikkenntnisse sind demnach in der Industrie hoch gefragt und sehr gut bezahlt. Gerade das Hardware-nahe Programmieren ist so gefragt wie nie. Ich erinnere mich noch gut an den Satz eines Kollegen, dass es in der Informatik irgendwann nicht mehr darum gehe, das Gehalt zu optimieren, sondern die Selbstverwirklichung. Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten mit einem Informatikstudium, sodass man danach den Beruf auswählen kann, der einem besonders Spaß bereitet und der einen erfüllt.

In der freien Wirtschaft kann man als Informatiker sicher mehr verdienen als an der Universität. Warum haben Sie sich für die Wissenschaft entschieden?

Ich wusste die Freiheit, die man an der Universität hat, schon immer zu schätzen. Schon während des Studiums kann man sich die Zeit frei einteilen und selbst entscheiden, wann man lernt und wann man auf die nächste Party geht. Aber auch inhaltlich gibt es sowohl während des Studiums als auch danach in der Wissenschaft viel Spielraum. Diese Freiheiten hat man weder in der Schule noch wird man sie danach in einem großen Konzern haben und das weiß ich sehr zu schätzen. Außerdem macht mir das Arbeiten mit den Studierenden sehr viel Spaß.

War für Sie dann schon früh klar, dass Sie Professor werden möchten?

Eigentlich hat sich das so ergeben, weil Daniela Nicklas mich angeschrieben hat. Vorher dachte ich, dass es sehr schwierig sei, in der Wissenschaft Fuß zu fassen. Dass die Nachfrage gerade in der Informatik derzeit so groß ist, war für mich schon ein Glücksfall. Die meisten Stationen in meinem Leben waren eher spontan. Wegen meines Interesses für Eisenbahnen hatte ich mir zum Beispielüberlegt, Maschinenbau zu studieren. Für das Vorpraktikum, das ich für die Aufnahme des Studiums hätte vorweisen müssen, habe ich damals aber keinen Platz bekommen. Also habe ich mich für die Informatik entschieden.

Und nach der Arbeit? Wie können Sie abschalten?

Früher habe ich Standard/Latein getanzt, das wurde leider mit der Pandemie weniger. Vielleicht klappt es jetzt in Bamberg wieder. Und kürzlich habe ich hier auf der ERBA Orgel gespielt. Das hat wirklich Spaß gemacht. Die Möglichkeit gibt es nur, weil die Musikpädagogik und Musikdidaktik ebenfalls hier sind. Diese räumliche Nähe ganz unterschiedlicher Fächer kenne ich so von anderen Universitäten nicht.

Vielen Dank für das Interview!

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Seite 156443, aktualisiert 16.02.2023